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Sport: ARGE SUBSTANZVERLUSTE IN DER DEUTSCHEN LEICHTATHLETIK

WM-Mannschaft vermutlich kleiner als angenommen / Bisher nur 54 Athleten qualifiziertVON ERNST PODESWA COTTBUS/BERLIN.Nach dem Zieldurchlauf beim 8.

WM-Mannschaft vermutlich kleiner als angenommen / Bisher nur 54 Athleten qualifiziertVON ERNST PODESWA COTTBUS/BERLIN.Nach dem Zieldurchlauf beim 8.Internationalen Erdgas Leichtathletik-Meeting am Mittwoch abend in Cottbus wußte sich ein junger Mann vor Freude kaum zu fassen.Völlig unerwartet hatte der 23jährige Jens Dautzenberg die 400 m in 45,97 Sekunden gewonnen.Ein Wettbewerb, der wie das Hammerwerfen der Männer sowie Kugelstoßen und Speerwerfen als WM-Qualifikation für die deutschen Vertreter angekündigt worden war.Hatte der Athlet von Alemannia Aachen damit die Anwartschaft auf ein Ticket zu den Welt-Titelkämpfen im August in Athen erworben? Mitnichten."Man muß für den WM-Einzelstart einmal unter 45,60 und einmal unter 45,84 laufen.Ich denke, für mich ist das kein Thema", erklärte Dautzenberg.Er habe nie mit einer Zeit gerechnet, die mit der 45 beginne."Nach 46,63 im Vorjahr hatte ich bestenfalls mit einer Steigerung auf etwa 46,30 gerechnet.Aber die anderen sind optimal angelaufen, und zum Ende hat sich mein Ausdauertraining ausgezahlt." Die "anderen" - damit sind die beiden Leverkusener Julian Voelkel (2.mit 46,39) und Daniel Bittner (3.mit 46,41) gemeint.Das Duo hatte ein Höllentempo angeschlagen - natürlich, um die nationale WM-Vorgabe zu knacken - und war dann am Schluß eben keinen "Heldentod" gestorben."Bin einfach dumm gelaufen, viel zu schnell angegangen", ärgerte sich Bittner (25).Mit einer Bestzeit von 46,05 Sekunden (1995) und der jetzigen Verbesserung über 200 m auf 20,76 (bisher 21,05) gilt er als erster Hoffnungsträger, die in Leistungstiefen dahindümpelnde deutsche 400-m-Armada wieder in Schwung zu bringen.Doch die Fortschritte sind gering und die verbleibende Zeit ist kurz, um bis spätestens zu den Deutschen Meisterschaften Ende des Monats in Frankfurt (Main) den internen WM-Nachweis zu erbringen.Und so dürften die deutschen Rundenspezialisten wie schon im Vorjahr in Atlanta wohl auch diesmal beim Treff der Weltelite durch Abwesenheit glänzen. Auch in anderen Laufwettbewerben, speziell bei den Männern, wurden in Cottbus arge Substanzverluste sichtbar.Das gilt für die 800 m, bei denen Mark Eplinius (LG Nike Berlin) als Fünfter mit 1:47,41 Minuten die nicht einmal hohe WM-Norm von 1:46,00 deutlich verfehlte.Oder für die 1500 m, bei denen Torsten Herwig (3./3:40,73) und Steffen Teichmann (beide OSC Berlin/6.3:41,82) im Rahmen ihrer Möglichkeiten Beachtliches boten, doch weit von der len Weltspitze entfernt sind.Nur in Einzelfällen trifft diese Feststellung nicht zu: Die Deutschen laufen den Besten immer weiter hinterher. So ist es kein Wunder, daß sich momentan nur 54 statt der vermuteten 100 Athleten für die WM qualifiziert haben.In 13 von 44 WM-Disziplinen aber keiner, in 14 jeweils nur einer.Beim Meeting heute in Nürnberg, eine Woche später beim Europacup in München sowie dann bei den nationalen Titelkämpfen wird sich die WM-Mannschaft zwar noch erweitern, doch wer mit Ach und Krach die Norm meistert, dürfte kaum einen WM-Finalplatz schaffen. Zunehmend Schwierigkeiten haben auch die Ausrichter von Sportfesten in Deutschland."Wenn nicht soviele Helfer ohne Bezahlung mitwirken würden, hätten wir schon längst das Handtuch werfen müssen", bestätigte Cottbus Meetingchef Ulrich Hobeck, hauptberuflich Schuldirektor.Diesmal kam ein Gesamtetat von 450 000 DM zusammen.Doch damit sind Schulden aus der euphorischen Nachwendezeit nicht zu tilgen.Und statt der 6000 bis 7000 Zuschauer kamen nur 3000.Und die nun mögliche, eigene TV-Vermarktung bei den "German Meetings" habe die Sache finanziell keinesfalls leichter gemacht.

ERNST PODESWA

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