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Sport: Armes reiches Chelsea

Die Londoner haben Erfolg und fühlen sich trotzdem verfolgt – auch vor der neuen Saison haben sie sich wieder viele Feinde gemacht

Es gibt Menschen, die sich immer und überall benachteiligt fühlen. In England gibt es einen hübschen Ausdruck für diese bemitleidenswerte Gemütslage: to have a chip on your shoulder. José Mourinho ist so ein Mensch mit einem kleinen Komplex. Der portugiesische Trainer des FC Chelsea kam mit tiefbraunem Teint und längeren Haaren, aber gänzlich ohne die Gelassenheit eines Meistertrainers aus dem Urlaub in Brasilien zurück.

Bereits die Veröffentlichung des Spielplans Anfang Juli verdarb ihm die Laune. Er war schon vergangene Saison überzeugt, dass es der Computer dabei zu gut mit dem Londoner Konkurrenten FC Arsenal gemeint hatte. Dieses Jahr sei die Ungerechtigkeit noch frappierender – nach den ersten fünf Champions-League-Spielen muss Chelsea in der Liga fünfmal auswärts antreten, Arsenal dagegen hat fünf Heimspiele. Kein Zufall, weiß Mourinho: „Warum sagt da niemand etwas? Warum werden Klubs unterschiedlich behandelt? Vielleicht bekommen wir einen anderen Spielplan, wenn David Dein nicht mehr beim Fußballverband ist. Jemand, der für einen Verein arbeitet, sollte nicht für den Verband arbeiten.“ Dein ist Arsenals Vizepräsident und sitzt als einer von vier Premier-League-Vertretern im Vorstand der Football Association. Mit dem Spielplan hat der Mann natürlich nichts zu tun.

Es ist ein Theater an der Stamford Bridge. Peter Kenyon, bis dato eher diplomatisch, ist ebenfalls in die Offensive gegangen. Der Geschäftsführer attestierte Arsenal und Manchester United „Scheinheiligkeit und Angst“: „Zwölf Jahre lang haben zwei Jungs den Hof regiert, jetzt ist ein dritter da, der erfolgreicher sein wird.“

Vor allem Mourinho hat es schwer: „Ein Mittelklasseverein kann für 20 Millionen Pfund sechs neue Spieler kaufen“, sagt er. „Das ist leicht. Für Chelsea Spieler zu kaufen, ist der härteste Job in der Liga, weil wir so viel Qualität haben.“ Das sind Probleme, zweifelsohne. Doch einer wie Mourinho findet eine Lösung. Chelsea verpflichtete den spanischen Linksverteidiger Asier Del Horno (24 Jahre, 12 Millionen Euro) von Athletic Bilbao. Und mit dem gleichaltrigen Shaun Wright-Phillips (Manchester City, 30 Millionen Euro) dribbelt Englands talentiertester Flügelspieler in Zukunft in königlichem Blau. Nur ein neuer Spitzenstürmer ließ sich nicht finden. Bei Namen wie Adriano (Inter), Eto’o (Barcelona) oder Schewtschenko (Milan) geht es den anderen Klubbossen nämlich nicht wie sonst um möglich viele Nullen, sondern ums Prinzip: Wer einen Superstar hat, gibt ihn nicht ab. Schon gar nicht an die neureichen Londoner.

Hernán Crespo muss deswegen nach einem Jahr beim AC Mailand gegen seinen Willen zurück nach England. Der Argentinier wird als Entlastung von Didier Drogba gebraucht, der am Ende der Saison nur noch kraftlos an den Bällen vorbei stolperte. Zu Chelsea kommt auch Michael Essien von Olympique Lyon. Präsident Jean-Michel Aulas fordert stur 45 Millionen Euro und einen Chelsea-Spieler für den vielseitigen Mittelfeldmann aus Ghana. Trotz mehrerer Besuche von Chelseas Geschäftsführer einigte man sich bisher noch nicht, doch spätestens am Dienstag wird der Deal wohl perfekt sein. Aulas hat laut einer Pressemitteilung des französischen Meisters nämlich „das Prinzip eines Rendezvous mit Roman Abramowitsch im Süden Frankreichs akzeptiert“. Das hört sich dann doch charmant an.

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