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Jan-Lennard Struff hat das Leben in der Tennis-Blase manchmal ein "bisschen wahnsinnig" gemacht.

© Imago

Auch bei den French Open in Paris: Trotz Lockerungen – Tennisprofis leben weiter in der Blase

Einige Tennisprofis tun sich zunehmend schwer mit dem Leben in der Corona-Blase, auch weil es an vielen Turnierorten schon deutlich mehr Freiheiten gibt.

Noch vor ein paar Monaten wurden die Tennisprofis für ihre Privilegien beneidet. Trotz Corona-Pandemie konnten sie weiterhin ihre Turniere in aller Welt bestreiten, auch wenn der Terminplan für 2021 durch das Virus ein bisschen durcheinandergewirbelt wurde. So spielte der Deutsche Jan-Lennard Struff in diesem Jahr beispielsweise schon in Melbourne, Dubai, Miami und halb Europa Tennis. Am Donnerstag gewann der 31 Jahre alte Warsteiner bei den French Open sein Zweitrundenspiel gegen Facundo Bagnis aus Argentinien nach 2:18 Stunden mit 7:5, 7:6 (7:1), 6:4.

Trotzdem ist auch das Leben auf der Profitour derzeit weit von Normalität entfernt. Die Spieler leben seit Monaten in einer Blase, pendeln zwischen Hotel und Tennisplatz und haben ansonsten kaum Freiheiten. Struff beispielsweise erklärte jüngst, dass ihm das Leben in der Bubble „manchmal schon schwer zugesetzt“ und ihn ein „bisschen wahnsinnig“ gemacht habe.

Tatsächlich ist es inzwischen so, dass die Tennisprofis bei vielen Turnieren sogar deutlich mehr eingeschränkt sind als die Bewohner vor Ort. In Paris zum Beispiel haben sie täglich genau eine Stunde Ausgang und dürfen sich in der Stadt frei bewegen – negative Testergebnisse vorausgesetzt. „Unser Ziel ist es, ihnen kein Halsband umzulegen und sie an das Hotel oder die Anlage in Roland Garros zu fesseln“, begründete Turnierdirektor Guy Forget diese Maßnahme.

Eine Stadt wie Paris lässt sich in 60 Minuten kaum erkunden, trotzdem sind die Spieler froh über ein bisschen Abwechslung: „Ich weiß, dass eine Stunde draußen nicht viel erscheint, aber mir bedeutet es eine Menge, rausgehen zu können und ein bisschen Abstand zu gewinnen“, sagte US-Supertalent Cori Gauff.

Dominic Thiem nahm sich im Frühjahr eine Auszeit vom Leben in der Blase

Tatsächlich ist die psychische Belastung für die Spieler nicht zu unterschätzen. Dominic Thiem etwa, der in der stark verkürzten Saison 2020 noch mit am besten mit den Corona-Bedingungen zurechtkam und beispielsweise die US Open gewann, hat aktuell große Schwierigkeiten. Im März und April nahm er sich eine sechswöchige Auszeit von der Tour, um kleinere Wehwehchen auszukurieren und sich mental neu zu sammeln. Ohne Erfolg: In Paris schied der zweimalige Finalist schon in der ersten Runde aus.

Deutlich besser als für Thiem läuft es in dieser Saison für Stefanos Tsitsipas. Dabei hat auch der Grieche mit dem Bubble-Dasein zu kämpfen. Beim Turnier in Miami ignorierte er die strengen Vorgaben der Veranstalter und ging in einem Supermarkt einkaufen. Die ATP belegte ihn daraufhin mit einer Geldstrafe. In Paris erklärte er: „Natürlich warte ich darauf, dass all das vorbei ist und niemand mehr Teil dieses Prozederes sein muss.“

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Das allerdings könnte noch dauern – womöglich bis zur Hartplatzsaison in den USA im Spätsommer. Auch für das Wimbledon-Turnier, das am 28. Juni in London beginnt, gibt es strenge Auflagen für die Profis. Wie inzwischen gewohnt, müssen sie in einem Spielerhotel einchecken und dürfen nicht – wie sonst gerade unter den Stars üblich – Häuser für sich und ihre Entourage anmieten. Mitunter hat das durchaus seltsame Folgen. So wohnt Andy Murray nicht weit entfernt von der Anlage, muss für Wimbledon aber trotzdem ins Hotel umziehen.

Gleiches gilt für seinen Bruder Jamie. Der Doppelspezialist sorgte in Paris zuletzt für Schlagzeilen, weil er das Turnierhotel kritisierte. „Wenn du dir wie in normalen Zeiten dein Hotel aussuchen könntest, würde hier keiner absteigen“, sagte er und bezeichnete die Unterbringung als „absolut beschissen“. Seine Wut ist auch deshalb nachvollziehbar, weil die Veranstalter sehr wohl Unterschiede zwischen den Spielern vornehmen. Im Zweifel bekommen die Stars die besten Zimmer, für Wimbledon beispielsweise sollen die Suiten der gesetzten Spieler eine deutlich schönere Aussicht bieten als die für den Rest des Teilnehmerfeldes.

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Was die Sache für so manchen Profi zusätzlich kompliziert macht, sind die von Land zu Land unterschiedlichen Corona- Maßnahmen. Der russische Weltranglistenzweite Daniil Medwedew kann sich in seiner Heimatstadt Moskau praktisch frei bewegen, Restaurants oder sogar Diskotheken besuchen. In Paris hingegen bleibt ihm nur die eine Stunde täglich.

Alternativen für die Spieler gibt es keine und dass die Corona-Gefahr noch nicht gebannt ist, zeigt sich auch bei den French Open. Dort wurde am Mittwoch das topgesetzte kroatische Doppel Nikola Mektic und Mate Pavic positiv auf Covid-19 getestet und aus dem Turnier genommen. Und in den kommenden Wochen stehen für die Profis noch Reisen an Orte an, wo ganz besonders restriktive Corona-Bestimmungen gelten. Zum Beispiel zu Olympia in Tokio. Viele Profis hoffen, dass es danach nicht mehr so lange dauert mit der Rückkehr zur Normalität.

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