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Sport: Auf dem Mittelweg

Herthas Trainer Falko Götz hat ein turbulentes Jahr hinter sich und ist nun vorsichtiger denn je

Berlin - Falko Götz tut einfach so, als würde er die Rufe nicht hören. Fünfzig Meter hinter ihm stehen etwa 50 Fans des TSV 1860 München. Sie rufen dem Trainer von Hertha BSC Schimpfwörter zu, singen versaute Lieder, und weil niemand weiß, wie weit der Hass der Fans gehen könnte, haben sich zehn Polizisten hinter Götz aufgestellt. Im Juli 2004 war das, Hertha nahm an einem Vorbereitungsturnier am Walchsee teil. Für die Fans von 1860 war Götz der Trainer, der den Abstieg in die Zweite Liga eingeleitet hat. Götz zeigte damals keine Regung und äußerte sich später auch nicht mehr zu dem Vorfall.

Das ist nachvollziehbar, er war bereits Trainer eines neuen Vereins, des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC. Dennoch zeigt die Szene, wie abgeklärt Götz ist. Er lässt Emotionen kaum an sich heran, er hat sich in beinahe jeder Situation unter Kontrolle. Von Götz gibt es keine Zitatensammlung mit witzigen Sprüchen oder Versprechern wie von anderen Bundesligatrainern.

In Berlin erlangte er dennoch Kultstatus, die Fans liebten den Interimstrainer Götz, der Hertha während der Saison 2002 übernahm und sensationell in den Uefa-Cup führte. Auch zwei Jahre später hatten die Anhänger des Klubs ihren Götz nicht vergessen. Nachdem Hans Meyer seinen Abschied verkündet hatte, forderten die Fans Götz. Dieter Hoeneß holte ihn zurück und er hatte weiterhin Erfolg, führte die in der Vorsaison abstiegsbedrohte Hertha auf Platz vier – und trotzdem ließ seine Popularität bei den Anhängern nach. Er wurde kaum mehr gefeiert. Antipathien entwickelten sie allerdings auch nicht.

Als Hertha in dieser Saison nach 13 sieglosen Spielen in Folge in der Krise steckte, forderten einige Fans den Rauswurf des Managers, andere buhten die Mannschaft aus. Aber fast niemand sagte etwas gegen Götz. Der Trainer polarisiert selten, stattdessen sucht er häufig einen Mittelweg. Ob er sich und seine Arbeit in der Öffentlichkeit anders darstelle, als sie in Wirklichkeit sei, wurde Götz einmal gefragt. „Mag sein. Aber da richte ich mich nach dem, was von mir verlangt wird“, antwortete er.

Herthas Krise in dieser Spielzeit hat Götz dennoch verändert. Zumindest im Umgang mit der Öffentlichkeit. „Es ist sehr viel passiert in den letzten Wochen. Ich sage erst einmal nichts mehr“, sagte Götz Anfang März, nachdem seine Mannschaft 2:4 gegen den Tabellenletzten 1. FC Köln verloren hatte. Es war der Höhepunkt der Krise. In derselben Woche entschied die Vereinsführung, dass Götz im Amt bleiben darf. Seine Mannschaft gewann am folgenden Wochenende 3:0 bei Werder Bremen. Die Zurückhaltung bei Götz ist jedoch nicht verschwunden, Fragen beantwortet er seither meistens kurz und knapp. Er erfüllt seine Pflicht. Mehr nicht. Die Boulevardzeitungen hatten seinen Abschied nach der Niederlage gegen Köln schon vorschnell verkündet. Das hat Götz getroffen.

Dieter Hoeneß findet nicht, dass sein Trainer sich verändert hat. Ihm habe es „imponiert, wie ruhig er in dieser schwierigen Phase geblieben ist. Viele Trainer werden unter Druck nervös und aktionistisch“. Götz aber habe mit Übersicht die richtigen Entscheidungen gefällt. „Er musste ein paar schwierige Personalentscheidungen treffen“, sagt Hoeneß. Alexander Madlung zum Beispiel wurde zeitweise in die zweite Mannschaft verbannt.

Doch nicht nur für Madlung wurde die Lage kompliziert. Einzelne Spieler beschwerten sich in dieser Saison, dass der Trainer nicht genug mit ihnen spreche. „Er redet immer nur mit den Spielern, die er gerade braucht, die anderen lässt er links liegen“, sagt einer, der nicht genannt werden möchte. Auch Herthas zweiter Torwart Gerhard Tremmel beklagte einmal zu wenig Kommunikation zwischen dem Trainer und ihm.

Tremmel verlässt den Klub am Ende der Saison. Mit ihm gehen Profis, die einst in dem Ruf standen, ein sehr gutes Verhältnis zu Götz zu pflegen. Oliver Schröder sieht woanders bessere Perspektiven, obwohl er zuletzt häufig zum Einsatz kam und ihm der Verein ein Angebot unterbreitet hatte. Der 22 Jahre alte Nando Rafael wollte in der Winterpause unbedingt weg und ging zu Borussia Mönchengladbach. Thorben Marx galt einst als Lieblingsschüler von Götz – gestern gab er seinen Wechsel zu Arminia Bielefeld bekannt. Dort erhält er einen Vertrag bis 2009. Seine letzte Partie für Hertha wird er wohl am 25. Mai bestreiten. Dann treten die Berliner zum Saisonabschluss beim FC Strausberg an.

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