zum Hauptinhalt

Sport: Auf ein neues Jahr

Tennisbälle, Unfälle und eine rote Ampel: Es ist nicht die Formel-1-Saison des Juan Pablo Montoya

Es kommt nicht häufig vor, dass jemand ein Formel-1-Rennen an einer roten Ampel verliert. Juan Pablo Montoya hat dieses Kunststück fertig gebracht. Als der Kolumbianer beim Großen Preis von Kanada vergangenes Wochenende nach einem Boxenstopp während einer Safetycar-Phase wieder zurück auf die Strecke steuerte, ignorierte er das Durchfahrtsverbot an der Boxenmauer und wurde daraufhin disqualifiziert. Eine Runde zuvor hatte er noch in Führung gelegen, dann wurde er durch eine falsche Teamentscheidung zu spät an die Box gerufen, fiel zurück und ignorierte schließlich die rote Warnfarbe. Diese Episode fügt sich geradezu harmonisch in den bizarren Verlauf einer Saison ein, auf die sich Juan Pablo Montoya nach seinem Wechsel von BMW-Williams zu McLaren-Mercedes so gefreut hatte und die ihn bisher so enttäuscht hat.

Montoya und sein neuer Teamkollege Kimi Räikkönen galten vor Saisonbeginn als stärkste Fahrerpaarung des Jahres. Doch nach Fehlern in den ersten Rennen, nach einem ominösen Sportunfall vor dem Grand Prix in Bahrain – er soll beim Tennis über einen Ball gestolpert sein, das Gerücht vom Motorradcrash hält sich jedoch hartnäckig – und der daraus resultierenden Schulterverletzung, wegen der er zwei Rennen und eine wichtige Testphase verpasste, nach weiteren Un- und Zwischenfällen und Strafen in Monaco und am Nürburgring hat Montoya sich in die Defensive manövriert. Räikkönen fährt um die WM, während der 29-Jährige angesichts dieser Häufung unglücklicher Ereignisse weit weniger selbstsicher wirkt als gewohnt.

In Indianapolis soll am Sonntag nun alles besser werden. Hier hat Montoya schon einmal gewonnen. Allerdings nicht in der Formel 1, sondern beim berühmtesten amerikanischen Rennen überhaupt, den 500 Meilen. Das ist fünf Jahre her – trotzdem ist Montoya bei den Amerikanern deswegen noch heute bekannter als die meisten anderen Formel-1-Größen.

Nicht nur die Amerikaner werden ihm am Sonntag zujubeln, sondern auch Tausende Kolumbianer. Die meisten von ihnen kommen aus Miami, wo auch die komplette Montoya-Familie seit Jahren lebt und auch Juan Pablo und seine Frau Connie viel Zeit verbringen. Schon allein deshalb gehört Indianapolis „zu den Rennen, die ich auf jeden Fall einmal gewinnen möchte. Und die 500 Meilen und einen Formel-1-Sieg an gleicher Stelle auf dem Konto zu haben, das wäre schon etwas ganz Besonderes.“

In Kanada hat Montoya zumindest gezeigt, dass er von der Schnelligkeit her wieder fast der Alte ist – bis zu seinem Missgeschick an der Ampel. „Ich bin drüber weg“, sagt er fast trotzig. „Sicher, ich hatte bis jetzt ein unglückliches Jahr. Aber ich weiß, dass ich es kann. Und das Team steht hundertprozentig hinter mir.“ Montoya hätte in Kanada wohl gewinnen dürfen, doch es könnte schon bald die Zeit kommen, in der er seinen in der WM besser platzierten Teamkollegen auf Anweisung des Rennstalls in einem ähnlichen Fall passieren lassen müsste. „Wenn ich dieses Jahr im WM-Endkampf Kimi wirklich helfen müsste, weil ich keine eigenen Chancen mehr hätte, dann wäre das auch nicht das Problem – nach diesem bisherigen Saisonverlauf“, sagt Montoya. „Bis dahin sind aber noch einige Rennen Zeit – Rennen, in denen ich noch gewinnen will und kann.“ Angst, bald nur noch der Fahrer Nummer zwei hinter Räikkönen zu sein, hat Montoya nicht. Denn eines hat er in dieser Saison gelernt: „Es gibt schließlich noch ein nächstes Jahr.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false