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Sport: Aufbaugegner Bayern

Nach dem 1:1 in Frankfurt hofft Hertha, die Depression mit einem Erfolg gegen München abzuwenden

Berlin - Ellery Cairo stand der Mund offen, Worte brachte er für einen Moment aber nicht heraus. Der Mittelfeldspieler von Hertha BSC brauchte gestern Vormittag Zeit zum Nachdenken. Was seiner verunsichert wirkenden Mannschaft jetzt helfen könne, war er gefragt worden. Schließlich fiel ihm etwas ein: „Ein Sieg, den uns keiner so richtig zutraut, würde vielleicht etwas bringen.“ Cairo meint damit einen Erfolg über Bayern München am Dienstagabend im Olympiastadion. Hertha hatte am Sonnabend in Frankfurt nur 1:1 gespielt, es war das zweite Unentschieden im zweiten Spiel der Rückrunde. Dabei hatte Kapitän Arne Friedrich vor zwei Wochen davon gesprochen, dass sechs Punkte aus eben diesen beiden Spielen geholt werden müssten.

Alarmierender als die Resultate dieser Partien ist allerdings deren Zustandekommen. Hertha spielte vergangene Woche gegen Hannover 96 (1:1) genauso uninspiriert und schwach wie in den letzten Spielen vor der Winterpause. In der ersten Halbzeit gegen Eintracht Frankfurt schien die Mannschaft dann endlich auf dem Weg der Besserung. „Das war ein Fortschritt“, sagte Innenverteidiger Dick van Burik. Das Mittelfeld um Marcelinho, Yildiray Bastürk und Kevin-Prince Boateng ging aggressiv in die Zweikämpfe. „Wir haben endlich einmal im Block verschoben“, sagte Boateng, der gegen Frankfurt sein erstes Tor für Herthas Profis überhaupt erzielt hatte. Kurz vor der Halbzeit verloren die Berliner dann aber plötzlich wieder die Lust am Kämpfen. „In der zweiten Halbzeit ist der Faden komplett gerissen“, sagt Falko Götz. Und van Burik fand, „dass das ein erneuter Rückschritt war“. Erklären konnte den keiner so recht. Boateng wollte erkannt haben, „dass wir durch die Pause aus dem Rhythmus gekommen sind“. Das war seine Mannschaft jedoch schon zuvor.

Trainer Falko Götz will seinen Spielern nun immer wieder Mut zusprechen. Um die Mannschaft hart auf ihre Fehler anzusprechen, fehlt ihr offenbar die Fähigkeit zur Selbstkritik. Gerade die vielen jungen Spieler, wie Alexander Madlung oder Boateng gelten als starrsinnig. Doch Hertha ist auf sie angewiesen. Und auch die älteren Yildiray Bastürk und Marcelinho sind nicht in der Lage, als Vorbilder zu fungieren. Wenn es schlecht läuft, sind sie mit sich selbst beschäftigt und werden von der Vereinsführung am besten in Ruhe gelassen. Gestern wollte keiner der beiden etwas sagen. Wie so oft, wenn Hertha verloren hat.

Wie es denn sein könne, dass Hertha bei den vielen Stars in der Mannschaft derart verunsichert auftritt wie in der zweiten Halbzeit gegen Frankfurt, wurde Falko Götz noch am Samstagabend gefragt. „Das sind auch nur Menschen und keine Maschinen“, antwortete er. Vergleicht man die Spieler dennoch mit Maschinen, dann befinden diese sich momentan im Stand-by-Modus. Der Power-Knopf ist an einer unauffindbaren Stelle montiert.

Nur ein Spieler konnte nach fünfmonatiger Pause auf Anhieb eine starke Leistung zeigen: Gerhard Tremmel. Aufgrund seiner überragenden Leistung durfte Hertha überhaupt einen Punkt aus Frankfurt mitnehmen. „Ich bin keine Nummer zwei“, sagt der 27-Jährige. „Nur ist es schwer, das zu zeigen, wenn ich so wenig Möglichkeiten dazu bekomme.“ Ob der Stammtorwart Christian Fiedler am Dienstag gegen die Bayern bereits wieder eingesetzt werden kann, entscheidet sich erst heute endgültig. Der 30-Jährige leidet noch immer unter den Folgen eines vor einer Woche erlittenen Muskelfaserrisses. Ist er fit, dann wird er spielen. Die Situation für Tremmel ist schwierig, weshalb er sich nach eigener Aussage auch bereits nach anderen Vereinen umschaut. Von Hertha habe noch niemand mit ihm gesprochen. Tremmels Vertrag läuft im Sommer aus. „Mal sehen, was passiert, wenn ich gegen Bayern zu null spiele und drei Elfmeter halte“, sagt Tremmel und lacht.

Allerdings werden die Berliner morgen mit einer ungewohnten Abwehrformation antreten müssen. Oliver Schröder verdrehte sich im Spiel gegen Frankfurt das Knie und fällt definitiv aus, Alexander Madlung ist wegen seiner Gelb-Roten Karte gesperrt und Josip Simunic noch immer verletzt. Der 22-jährige Verteidiger Sofian Chahed wird laut Götz wohl eine Chance erhalten. „Wir können die Bayern trotz allem schlagen“, sagt Boateng. Um die gereizte Stimmung in Berlin zu verbessern, sollte Hertha zumindest nicht verlieren.

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