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Sport: Aufprall an der Mauer

Der Hamburger SV findet kein Mittel gegen die sehr defensiven Hannoveraner und verliert 0:2

Rene Klingbeil stand an der Mittellinie, den Ball am Fuß. Er zögerte, schaute, nach rechts, nach vorne, nach hinten. Und die meisten der 50 454 Zuschauer ahnten in dieser 30. Minute: Der junge Bursche weiß gar nicht, wohin mit dem Ball. Der FußballProfi Klingbeil entschied sich in seiner Not zu einem Sicherheitspass über rund drei Meter, eher rückwärts gerichtet als nach vorne. Es gab dafür wütende Pfiffe vom genervten Publikum. Aber nicht nur Klingbeil, sondern der ganze Hamburger SV wirkte im Heimspiel gegen Hannover 96 reichlich einfallslos. Die Quittung: 2:0 (1:0) gewannen die Niedersachsen, und Nebojsa Krupnikovic, der überragende Spielmacher von Hannover, stellte trocken fest: „Alles hat gepasst.“ Hannovers Trainer Ewald Lienen fand wenigstens noch ein paar tröstende Worte für den Verlierer. „Es ist sehr schwer für eine Mannschaft, wenn der Gegner – wie wir – so kompakt hinten drinsteht und mit so viel Leidenschaft verteidigt.“

Den Hannoveranern kam bei ihrem dritten Auswärtssieg dieser Saison sicher zugute, dass die Hamburger ihre mit Abstand schwächste Leistung unter dem neuen Trainer Thomas Doll ablieferten. Mit dem Fehlen der gesperrten Leistungsträgers Sergej Barbarez (fünfte Gelbe Karte) und Khalid Boulahrouz (Gelb-Rot) war das matte Auftreten allein nicht zu entschuldigen. Was sich die HSV-Profis vor allem in der ersten Halbzeit an Fehlpässen leisteten, trieb manchem Zuschauer die Zornesröte ins Gesicht. „Alle bei uns haben zu viele Fehler im Passspiel gemacht“, gestand Spielmacher Stefan Beinlich reichlich kleinlaut. Auch Beinlich, dem unter Doll bisher eine erhebliche Leistungssteigerung gelungen war, enttäuschte.

Hannover 96 hielt von der ersten bis zur letzten Minute die vorgegebene taktische Disziplin durch. Und zwar so gut, dass selbst der sonst so kritische Lienen lobte: „Meine Mannschaft hat gut die Räume dicht gemacht. Auch bei Ballbesitz haben wir den Ball gut laufen lassen und noch sicher kombiniert.“ Viele Torchancen arbeiteten die Gäste sicher nicht heraus, aber die Effektivität im Verwerten der Chancen war einer Spitzenmannschaft der Bundesliga durchaus würdig. Steve Cherundolo versetzte dem HSV mit dem 1:0 den ersten schweren Hieb (19.), der zweite folgte durch Daniel Stendel nach rund einer Stunde. „Wir haben zu keinem Zeitpunkt Ruhe in unser Spiel gebracht“, sagte Doll.

Bezeichnend, dass der HSV in der 35. Minute erstmals überhaupt auf das Tor des Gegners schoss. Klingbeil verzog den Ball um einige Meter. HSV-Stürmer Takahara traf zwar kurz vor der Pause nur den Pfosten, doch das passierte auch später dem Hannoveraner Idrissou.

Ob die Niederlage nun für den HSV einen Rückschritt bedeutet? Beinlich reagierte verwundert. „Ein Rückschritt ist das nicht“, sagte er. „Wir wussten doch, dass wir nicht alle Spiele gewinnen können.“ Dem Erfolg nach einem Trainerwechsel sind eben auch Grenzen gesetzt.

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