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Sport: Aufsichtsrat gibt Stevens Spielraum

20 Punkte bis Weihnachten war die Vorgabe für Herthas Trainer – davon wird er befreit

Berlin. Vor dem Videotext zu sitzen, muss furchtbar sein. So langsam. So schleppend. Rupert Scholz saß am Dienstagabend vor seinem Fernseher. Es war 21.52 Uhr und in Rostock die Verlängerung längst vorbei. Im Videotext stand: „Hansa Rostock – Hertha BSC 2:1“. Alles verloren? Alles vorbei? Dann, ein letztes Mal, – bing! – die Videotextseite wird aktualisiert, „2:2“ stand da nun. Ausgleich! Scholz sagt: „Sie wissen nicht, was sich in diesem Moment für ein Drama bei uns abgespielt hat.“

Die Anspannung hat sich erst nach dem Elfmeterschießen gelegt, das konnte der Aufsichtsratsvorsitzende von Hertha BSC in der „Sportschau“ gucken. „Ich habe nach dem letzten Elfmeter sofort Herrn Hoeneß angerufen“, sagt Scholz. Und was hat er Herthas Manager gesagt? „Glückwunsch! Und er solle doch bitte Herrn Stevens schöne Grüße ausrichten. Den wollte ich lieber nicht anrufen, ich glaube kaum, dass der große Lust verspürte, mit mir zu plaudern.“ Die Anspannung von Herthas Trainer Huub Stevens war extrem.

Am Dienstag drehte sich alles um die so genannte Vereinbarung. Zwei Spiele musste Stevens gewinnen, sonst wäre das Arbeitsverhältnis zwischen Hertha und Trainer beendet gewesen. Der erste Teil wurde am vergangenen Samstag erfüllt, als Hertha in der Bundesliga 1:0 gegen Rostock gewann. Der zweite Teil nun am Dienstagabend.

Und wie geht es jetzt weiter? Hertha hat in Rostock schlechten Fußball gezeigt, ganz so, wie es in den ersten Saisonspielen der Fall war, als Hertha nicht gewinnen konnte. Doch Herthas Präsident Bernd Schiphorst sagt: „Guter Fußball war kein Teil der Vereinbarung.“ In der Drucksituation könne von der Mannschaft kein perfektes Spiel erwartet werden. Dass Hertha erst im Elfmeterschießen gewonnen habe – „egal“, sagt Schiphorst. „Wir hatten in dieser Saison bisher null Dusel. Jetzt sind wir aus einer sehr schwierigen Situation mit sehr viel Glück herausgekommen.“ Als er nach dem Spiel mit Hoeneß telefonierte, habe er dem Manager gesagt, „dass er alles richtig gemacht habe“, sagt Schiphorst.

Der Aufsichtsrat stellt sich jetzt hinter Stevens. „Es wird keine weiteren Ultimaten geben“, sagt Schiphorst. Von der internen Vorgabe, bis Weihnachten müsse Stevens 20 Punkte holen und einen gesicherten Mittelfeldplatz erreichen, rückt der Aufsichtsrat vorerst ab. „Die Situation hat sich verändert“, sagt Scholz. Natürlich werde Erfolg erwartet, aber die interne Vorgabe sei nicht mehr zwingend mit Stevens Arbeitsplatz verknüpft. „Die Lage hatte sich schon vor eineinhalb Wochen zugespitzt. Wir mussten da handeln. Das haben wir getan“, sagt Scholz.

Es gebe derzeit keinen Anlass, den Trainer in Frage zu stellen. „Wir haben gesehen, wie Stevens und Mannschaft zusammengerückt sind. Das gibt Vertrauen.“ Aber was ist, wenn Hertha am Samstag in Wolfsburg verliert? Die Fans eine Woche später gegen Mönchengladbach „Stevens raus“ rufen? Hertha kann nur durchatmen, mehr nicht. Selbst wenn es im Moment kein Ultimatum gibt, würde Hertha später wieder so handeln wie vor eineinhalb Wochen? „Ja, auf jeden Fall“, sagt Scholz. André Görke

André Görke

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