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Sport: Aus dem Gleichgewicht geraten

Trotz Misserfolgs ist der Job des Skisprung-Bundestrainers Rohwein nicht gefährdet – vorerst jedenfalls

Als Peter Rohwein am Mittwochabend in Innsbruck auf die Inntal-Autobahn bog, warteten die schönsten Momente des Tages auf ihn. „Ich kann im Auto gut entspannen“, sagt der deutsche Bundestrainer im Skispringen, „ich höre Radio.“ Der Weg nach Bischofshofen versprach für Peter Rohwein viel Musik. Und zwei stressfreie Stunden. Er muss sie genossen haben, zurzeit erlebt er nämlich nicht mehr viele sorgenfreie Augenblicke.

Bundestrainer Peter Rohwein ist durch das schlechte Abschneiden seiner Springer bei der diesjährigen Vierschanzentournee unter Druck geraten. In Innsbruck, wo Georg Späth als bester Deutscher nur auf Rang 13 landete, erlebte er seinen härtesten Tag als Bundestrainer. „Als Kotrainer hatte ich schon häufiger solche Tage“, sagt Rohwein. Der 43-Jährige wirkte entspannt, als er in der Berufspädagogischen Akademie unter der Bergisel-Schanze das traurige Ergebnis analysieren musste. Er schlägt die Beine übereinander, lehnt sich in seinem Stuhl zurück, und als der Pressesprecher des Deutschen Skiverbandes zum Aufbruch drängt, sagt er: „Ich habe noch Zeit.“ In diesem Moment wusste er nicht, dass „Bild“ am nächsten Morgen titeln würde: „Ist der Trainer an allem Schuld?“

Gerd Siegmund wundert sich nicht über diese Frage. „Es ist normal, dass jetzt eine Trainerdiskussion einsetzt“, sagt Michael Uhrmanns Manager. Diese könne sich bereits heute nach dem abschließenden Springen der Vierschanzentournee in Bischofshofen (16.30 Uhr, live auf RTL) erledigt haben. „Wenn ein Deutscher unter die ersten Drei springt, ist sie schon wieder vorbei“, sagt Siegmund. Allerdings macht auch sein Klient gegenwärtig nicht den Eindruck, als läge ein solcher Erfolg im Bereich des Möglichen. Nach seinem 24. Platz in Innsbruck ist Michael Uhrmann in der Gesamtwertung auf Rang elf abgerutscht, Georg Späth belegt Rang acht. Es droht das schlechteste Abschneiden bei der Vierschanzentournee seit der Saison 1994/95. Da landete Jens Weißflog als bester Deutscher auf Rang zwölf.

Gegenwärtig fällt Peter Rohweins Bilanz als Bundestrainer negativ aus. Im Oktober 2004 folgte der Allgäuer aus Isny dem entlassenen Wolfgang Steiert als Bundestrainer. In dieser Zeit hat sich nur ein Springer weiter entwickelt: Michael Uhrmann. „Er kann die Tournee gewinnen“, hatte Rohwein vor zwei Wochen noch gesagt. Doch inzwischen fällt der 27-Jährige auf die Leistungen des Vorjahres zurück. Noch schlechter sieht Rohweins Bilanz bei Martin Schmitt aus, der in Bischofshofen gar nicht mehr mitspringt, sondern sich beim Skifahren erholen soll. „Er ist seit zwei Jahren in einem Loch“, sagt Rohwein, „er krabbelt immer ein bisschen raus und fällt dann wieder zurück.“

Bei der Weltmeisterschaft in Oberstdorf hatten Rohweins Springer als Team die geforderte Medaille geholt, eine silberne. Rohwein reagierte sehr emotional. „Die Kritik der letzten Wochen ist mir an die Nieren gegangen“, sagte er. Die Arbeit sei für ihn eine Berufung, erklärte er in Innsbruck, „es macht mir Spaß, mit den Jungs zu arbeiten.“ Allerdings müssten Frust und Erfolgserlebnisse im Gleichgewicht bleiben.

Nun stellt sich der Technische Leiter der Abteilung Nordisch des DSV vor seinen Trainer. „Bei uns gibt es keine Trainerdiskussion“, sagt Rudi Tusch, „Rohwein leistet sehr gute Arbeit.“ Man müsse einem jungen Trainer Vertrauen schenken. „Es kann so schnell gehen im Skispringen“, sagt Tusch, „ich bin überzeugt, dass wir noch in diesem Winter viele Erfolge einfahren werden.“

Zwei Chancen bestehen noch: Bei der Skiflug-Weltmeisterschaft am Kulm und bei den Olympischen Spielen in Turin. Von den Ergebnissen dieser Wettbewerbe dürfte Rohweins Schicksal als Bundestrainer abhängen. Zuletzt hatte der DSV zwar erklärt, seinen Vertrag bis 2010 verlängern zu wollen. Aber das war vor dieser Vierschanzentournee.

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