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Sport: Aus dem Regen ins Licht

Jenson Button feiert seinen ersten Formel-1-Sieg

Manchmal im Laufe der vergangenen Jahre muss sich Jenson Button wie eine Romanfigur gefühlt haben. Wie der Lastwagenfahrer aus Douglas Adams Buchreihe „Per Anhalter durch die Galaxis“ zum Beispiel, der, ohne es zu wissen, nebenbei als Regengott arbeitet und unablässig von einer riesigen Wolke verfolgt wird. Jenson Buttons Formel-1-Karriere sah bislang ebenfalls wenig Sonne, doch am Sonntag ist er seiner persönlichen Regenwolke davongefahren. Nach 112 erfolglosen Rennen gewann der Engländer seinen ersten Grand Prix – es war zugleich der erste Erfolg für seinen Rennstall Honda. „Das fühlt sich unbeschreiblich an“, sagte Button. „Es waren harte Jahre, und es gab einige Tiefpunkte, aber das ist jetzt die beste Zeit meiner Karriere.“

Es passt ins Bild, dass ein Regenrennen Buttons Leidenszeit beendete. Die Verwirrungen des Großen Preises von Ungarn, die unter anderem das vorzeitige Ausscheiden der WM-Titelanwärter Fernando Alonso und Michael Schumacher nach sich zogen, nutzte Button, um vom 14. Startplatz aus zum Sieg zu fahren. Mit einem Schuss Sarkasmus und einer noch viel größeren Portion glücklicher Fassungslosigkeit bemerkte der 26-Jährige hinterher: „Wahrscheinlich hätte es von Startplatz vier auch gar nicht funktioniert.“ Denn ein Mann für das zu Offensichtliche war Jenson Button noch nie.

Seit seinem Formel-1-Debüt vor sechs Jahren hatte Button alle Hoffnungen der Rennsportnation Großbritannien auf sich vereint. Gerecht werden konnte er ihnen nicht. Zu Beginn seiner Karriere zeigte er viel Talent, aber wenig Ehrgeiz und trieb sich häufig auf Partys herum. Button erwarb sich den Ruf des faulen Genies und Lebemanns, und als der Ehrgeiz ihn irgendwann doch packte, ließ er sich von ihm verführen. Nach seiner besten Saison im Jahre 2004, als er WM-Dritter wurde und mehrmals knapp vor dem ersten Sieg stand, verzettelte er sich bei dem Versuch, seine Karriere ins Sonnenlicht zu leiten. Button unterschrieb einen Vertrag bei Williams, wo er sich bessere Chancen erhoffte. Als Honda aber die Mehrheit am Rennstall BAR übernahm, sah Button plötzlich wieder bessere Perspektiven bei seinem Arbeitgeber und kaufte sich schließlich mit einem Millionenbetrag von Williams frei. Es war ein teurer Entscheidungsfindungsprozess, aber er hat sich offensichtlich gelohnt. „Es war richtig, bei Honda zu bleiben“, sagt Button.

Wenngleich der Brite diese Einschätzung zu Beginn dieser Saison wohl nicht ganz so überzeugend vertreten hätte. Es schien ein normales Rennjahr zu werden: Button und Honda hatten vollmundig den ersten Sieg angekündigt, nur um abermals ernüchtert hinterherzufahren. Erst zur Saisonmitte setzte ein deutlicher Aufwärtstrend ein. Honda fand die Schnelligkeit, Button seine Motivation.

Schon in Hockenheim fuhr der Brite stark und wurde nur durch seine abgenutzten Reifen daran gehindert, auf das Podest zu steigen. Auf dem Hungaroring konnte ihn nun nichts mehr stoppen. „Die Fragen nach meinem ersten Sieg sind Gott sei Dank vorbei“, stellte Button zufrieden fest. Etwa zehn Runden vor Schluss, als Alonso ausgeschieden und Schumacher abgeschlagen war, habe er erstmals an den Triumph geglaubt. „Das waren die besten Runden meiner Karriere“, sagte Button. „Wenn man in Führung liegt, hofft man normalerweise, dass das Rennen bald zu Ende ist. Aber ich wollte gar nicht, dass es aufhört. Ich wollte, dass dieses Gefühl für immer anhält.“

Doch auch wenn er in diesen Runden schon überlegte, „was ich in der Pressekonferenz sagen werde“ – so ganz traute Button seinem Gefühl und vor allem dem Wetter noch nicht. Er war auf der inzwischen weitgehend vom Wasser befreiten Strecke auf Trockenreifen unterwegs, und „ich habe zum Himmel geschaut. Da war diese eine riesengroße, schwarze Wolke. Ich dachte nur: Bitte lass es jetzt nicht regnen.“ Es regnete nicht mehr. Als Jenson Button den höchsten Podestplatz betrat, brach der erste Sonnenstrahl des Tages durch die Wolkendecke.

Christian Hönicke[Budapest]

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