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Fingerzeig für die Zukunft. Auf Stephanie Beckert ruhen viele Hoffnungen. Foto: dpa

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Sport: Aus dem Schatten der Selbstdarstellerinnen

Kann das deutsche Eisschnelllaufen den Abgang der Stars Friesinger, Pechstein und Anschütz-Thoms verkraften?

Berlin - Es gab Blumen und viel Applaus. Daniela Anschütz-Thoms blickte mit den Blumen in den Händen gerührt. Sie feierte ihren 36. Geburtstag, aber das war nicht allein der Grund für die Szenerie beim Eisschnelllauf-Weltcup in Berlin. Sie wurde in der Halle im Sportforum Berlin auch offiziell verabschiedet. Die Weltklasse-Läuferin Anschütz-Thoms, Team-Olympiasiegerin, gibt es nicht mehr.

Es ist mehr als eine Personalie, es ist ein Umbruch. Die spannende Frage lautet: Was kommt nach dem Karriereende der deutschen Frauenstars? Anni Friesinger hört auf, Anschütz-Thoms auch, Claudia Pechstein darf man auch nach ihrer Dopingsperre wohl nicht mehr zu Weltklasse zählen. 16 Olympia- und 69 WM-Medaillen hat das Trio gesammelt. Es gibt als Leitfigur noch Jenny Wolf, den Sprintstar. Aber die Berlinerin ist auch schon 31 Jahre alt.

Und jetzt? „Wir hatten ja alle die Befürchtung, dass es nach diesen drei Stars ein Loch geben wird“, sagt Helge Jasch, der Teamchef der deutschen Eisschnellläufer. Dennoch: „Bis jetzt haben sich die Befürchtungen nicht bestätigt.“ Es drängen junge Athletinnen nach, in erster Linie Stephanie Beckert, die Team-Olympiasiegerin und Olympiazweite über 3000 und 5000 Meter, die Aufsteigerin der vergangenen Saison. „Gerade auf den langen Strecken haben wir nun drei neue Gesichter“, sagt Jasch. Neben der 22-jährigen Beckert auch Bente Kraus sowie Isabell Ost, die gemeinsam mit Beckert und Jennifer Bay in Berlin den Teamwettbewerb gewann.

In Heerenveen vor einer Woche verbesserte die Berlinerin Kraus über 3000 Meter ihrer Bestzeit um fast fünf Sekunden. In Berlin lief sie über 3000 Meter fast so schnell wie in Heerenveen, allerdings erreichte sie diesmal nur Rang acht. „Ihre konditionellen Werte sind sehr gut“, sagt Jasch, „aber sie muss ihre Wettkampfstabilität verbessern.“

Wettkampfhärte, das ist noch der neuralgische Punkt bei Talenten wie der 19-jährigen Jennifer Bay. Als Juniorinnen haben sie diese harte Wettkampfserie, diese Reihe von Weltcuprennen, nicht gekannt. Jetzt sind sie wöchentlich gefordert. „Wir Trainer achten in Gesprächen darauf, dass die Nervosität nicht groß wird. Man muss dann auch als Trainer die Gespräche so anlegen, dass man den Druck nicht noch vergrößert“, sagt Jasch.

Das bedeutet aber auch, dass er Talenten wie Kraus und Bay Zeit gibt. „Es wird ein paar Jahre dauern, bis sie in der Spitze der Weltklasse angekommen sind“, sagt der Teamchef. Für die Medaillen müssen derweil andere sorgen. Eine wie Beckert zum Beispiel. In Heerenveen gewann sie über 3000 Meter, in Berlin kam sie auf Rang drei. „Ich war nicht so locker, ich habe den Rhythmus schwer gefunden“, sagte sie.

Andere Athletinnen, die im Schatten der Selbstdarstellerinnen Friesinger und Pechstein standen, rücken in den Mittelpunkt. Katrin Mattscherodt gewann in Vancouver Gold im Teamwettbewerb, sie ist eine Stütze in den Mannschaftsduellen. Von Monique Angermüller erwartet der Frauen- und Männer-Bundestrainer Markus Eicher auch einiges. Die Berlinerin, spezialisiert auf die 1000 und 1500 Meter, hat in der vergangenen Saison einen enormen Aufschwung erlebt.

Doch ohne Probleme, da werden sich die Befürchtungen von Jasch dosiert schon bestätigen, werden die sportlichen Lücken, die der Rückzug von Friesinger und Anschütz-Thoms sowie der absehbare Leistungssturz von Pechstein reißen, nicht füllen lassen. Und sofort schon gar nicht. Davon kann sich Anni Friesinger neben der Eisbahn überzeugen. Die Olympiasiegerin kommentiert Eisschnelllauf inzwischen fürs niederländische Fernsehen.

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