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Sport: Aus der Deckung

Sven Wehrmeyer erzählt von einem Fallbeispiel bei dem die Spieler einer Bundesligamannschaft im Basketball neun Wochen lang kein Geld bekommen hatten. Die Begründung: sie hätten schlecht gespielt.

Sven Wehrmeyer erzählt von einem Fallbeispiel bei dem die Spieler einer Bundesligamannschaft im Basketball neun Wochen lang kein Geld bekommen hatten. Die Begründung: sie hätten schlecht gespielt. "Da fällt einem gar nichts mehr ein", sagt Wehrmeyer, Leiter der Fachgruppe Berufssport (Sports-Union), die im November der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi beigetreten ist. Doch sieben Spieler des Basketball-Teams, dessen Namen der Gewerschafter nicht nennen will, waren Mitglieder der Sports-Union. Und so fiel Wehrmeyer doch etwas ein. "Wir haben einen Brief geschrieben, und drei Tage später war das Geld da." So einfach kann das manchmal sein - wenn man eine Arbeitnehmervertretung im Rücken hat.

Manchmal muss man aber auch einen Schritt weiter gehen. Wie jüngst beim Eishockey-Klub Berlin Capitals. Der Verein aus Charlottenburg steht schon seit Wochen und zum wiederholten Male vor der Zahlungsunfähigkeit. Anfang Februar stellte ein Mitarbeiter der Geschäftsstelle einen Insolvenzantrag. Und etwas später dann neun Spieler aus der Mannschaft. Alle neun sind Verdi-Mitglieder. "Wir haben die Insolvenzanträge gebündelt und bekommen Informationen über unseren Rechtsanwalt", sagt Wehrmeyer. Am Mittwoch letzter Woche sind die Gehälter vom Januar überwiesen worden. "Das werten wir als Erfolg." Zufrieden ist die Gewerkschaft nicht. Die Mannschaft auch nicht. Capitals-Stürmer Lorenz Funk junior, einer der Spieler, die den Antrag gestellt haben, findet, dass "die Stimmung im Team auch nach der Gehaltszahlung nicht so schnell wieder ruhig geworden ist". Und wann die Gehälter für den Februar kämen, wisse auch niemand.

Dennoch ist Funk junior mit der Arbeit von Sports-Union sehr zufrieden. "Täglich spricht einer der Spieler mit Herrn Wehrmeyer oder mit dem Anwalt. Wir sind gut informiert." Und das ist auch einer der Hauptgründe, warum die Insolvenzanträge überhaupt gestellt wurden, so Wehrmeyer: wegen der Informationen über die Lage des Vereins. "So haben die Spieler das Recht, als Gläubiger aufzutreten." Und falls der Verein nicht mehr zahlen kann, übernimmt das Arbeitsamt die letzten drei Monatsgehälter. Die Spieler-Verträge laufen bis Ende April. Das würde passen. Allerdings gilt das nur für die Antragssteller. Und für die hätte sich der Mitgliedsbeitrag von 265 Euro pro Jahr dann bereits ausgezahlt. Darin sind im Normalfall eine kostenlose juristische Erstberatung sowie Rabatte für Berufsförderung und weiterbildenden Kurse wie Sportmarketing oder -management enthalten. Das Angebot wird gerade noch weiter ausgebaut. Neben den Profis gehören aber auch Spieler und Trainer mit zu den potenziellen Kunden, die nur wenig verdienen. Hauptsache sie besitzen einen gültigen Arbeitsvertrag. Bisher hat Sports-Union 100 Mitglieder, 500 sollen es nach drei Jahren werden.

Ob das Insolvenzverfahren gegen die Capitals tatsächlich eröffnet wird, ist noch nicht klar. Derzeit hat dort ein vorläufiger Insolvenzverwalter das Sagen, der voraussichtlich bis April entschieden haben soll. "Ich glaube eher nicht, dass es zu einem Verfahren kommt", sagt Wehrmeyer. Ziel des Verwalters sei es, den Verein am Leben zu halten. Er prüft dessen Initiativen, neue Geldquellen zu erschließen. Darauf hofft auch Funk junior. "Es wäre sehr schade, wenn so ein Traditionsverein aus Berlin verschwinden würde." Wenn das der Bayer Funk sagt, dann ist das wahre Solidarität.

Jörg Petrasch

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