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Sport: Aus der Krise an die Spitze

Die Briten hoffen auf Formel-1-Star Button

Die Briten verstehen es zu leiden, wahrscheinlich mögen sie es sogar ein bisschen. Im Fußball kennt jeder Fan das Jahr für Jahr modifizierte „years of hurt“ (momentan sind es „thirty-eight“) in Anspielung auf die titellose Zeit nach dem WM-Sieg 1966. Im Motorsport ist es nicht anders: Die großen Zeiten sind vorbei. Nicht die Clarks, Hills, Stewarts oder Mansells dominieren die Formel 1, sondern Deutsche, Finnen, Kolumbianer. Es ist zwar keine 38 Jahre her, aber immerhin schon vier, seit in David Coulthard das letzte Mal ein britischer Fahrer den Heim-Grand-Prix in Silverstone gewonnen hat. Das ist eine lange Zeit für die Motorsportnation Großbritannien. Alle Hoffnungen ruhen an diesem Wochenende auf einem 24-Jährigen, der noch nie ein Rennen gewonnen hat: Jenson Button.

Doch die Hoffnungen sind berechtigt. Auch wenn es noch nie für den Platz ganz oben gereicht hat, stand der BAR-Honda-Pilot immerhin schon sechs Mal in dieser Saison auf dem Podium. Der ganz große Triumph soll ihm nun am Sonntag in Silverstone gelingen: „Es wäre schon toll, wenn es ausgerechnet hier klappen sollte – vor all meinen Fans.“ Und es sind seine Fans. Selten hat sich das Interesse der Briten so auf einen Mann fokussiert, allerdings gab es auch selten so wenige Top-Fahrer aus dem Königreich wie zurzeit. Doch Button ist auch deshalb so beliebt, weil er trotz seiner 24 Jahre schon ein Leben voller Brüche hinter sich hat. Bei seinem Formel-1-Debüt 2000 im Williams ließ er seinen Teamkollegen Ralf Schumacher regelmäßig hinter sich und wurde als „Wunderkind“ gefeiert. Dann wechselte er zu Renault, aber in diesen zwei Jahren interessierte er sich mehr für Frauen und Partys als für Autos. Darunter litt die Leistung. Als er 2003 zu BAR ging, befand sich Button in seiner ersten Lebenskrise.

„Es gab eine Phase, da schien es, als würde Jenson sich in sein Schneckenhaus zurückziehen“, sagt BAR-Chef David Richards. Bei BAR bekam er die nötige Nestwärme und fand zurück zu alter Stärke. Erst recht, als der erfahrene Jacques Villeneuve den Rennstall verließ und Button zum Teamleader wurde. „Er ist reifer geworden, auch sicherer“, sagt Richards. „Er hat erkannt, dass er ein Team um sich hat, das hundertprozentig an ihn glaubt, auch wenn es mal nicht läuft. Und das ist wichtig für ihn.“ Buttons Leistungen haben dem britischen Motorsport viel Aufwind gegeben: Zum ersten Mal seit Jahren ist das Rennen in Silverstone wieder ausverkauft.

Viele Fans wünschen sich ein ähnliches Glanzstück wie vor vier Jahren, als Button bei seinem ersten Rennen in Silverstone Michael Schumacher auf der Kurvenaußenseite überholte. „Das werde ich nie vergessen“, sagt Button, „das war etwas ganz Besonderes.“ Auch an diesem Wochenende wird Schumacher wieder sein größter Rivale sein. „Ferrari und er sind immer sehr stark“ sagt Button. „Aber die Strecke sollte unserem Auto liegen.“

Tatsächlich war BAR bei allen Testfahrten in diesem Jahr in Silverstone Tagesschnellster. Ferrari hat hier weniger Testerfahrung, außerdem gilt der Kurs nicht gerade als Schumachers Spezialstrecke. In seiner langen Karriere hat er hier erst zwei Mal gewonnen, dafür erlebte der sechsmalige Weltmeister in Silverstone seine schlimmsten Stunden im Rennauto: 1994 wurde er disqualifiziert, 1999 hatte er seinen bislang schlimmsten Unfall.

Es könnte also klappen für Button, zumal die Unterstützung des Teams diesmal auch in der Boxengasse sichtbar sein wird: Alle Mitarbeiter des in nicht allzu weit von der Strecke entfernten BAR-Werks werden kommen, um Button zu unterstützen. Der kündigt schon einmal an: „Ich weiß, dass ich Michael schlagen kann, wenn alles passt.“ Sein Chef David Richards glaubt an noch größere Taten: „Für mich hat Jenson eindeutig das Potenzial zum Weltmeister.“

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