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Drüber und vorbei. Der Leverkusener Stefan Kießling (u.) muss nach seinem entscheidenden Fehlschuss getröstet werden.

© dpa

Aus in der Champions League: Bayer 04 Leverkusen - mutlos aus elf Metern

Bayer Leverkusen scheidet bei Atletico Madrid im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League nach Elfmeterschießen aus, weil die Mannschaft zu passiv auftritt und erneut an sich selbst scheitert.

Vom Rasen her wehten noch die letzten Konfettischnipsel in die nordwestliche Ecke des Estadio Vicente Calderon. Dorthin, wo sich Roger Schmidt im Slalom um Werbebanden, Podeste und Gitterzäune herum dem Stadionausgang entgegen schlängelte. Über dem Kopf des Trainers von Bayer Leverkusen tanzte die Feierausrüstung der Anhänger von Atletico Madrid – die in diesem Moment längst in den Bars der spanischen Metropole debattierten. Über den wüsten Abnutzungskampf zweier Teams, den Schmidt „die Schlacht um die zweiten Bälle“ nannte.

Um die ersten Bälle, das legte die Analyse des Übungsleiters nahe, kümmerte sich in diesem Achtelfinal-Rückspiel kaum einer. „Das war ein unglaublich intensives Spiel, fußballerisch aber sicher nicht auf höchstem Niveau“, sagte Leverkusens Trainer über das zweite Duell mit Atleticos Malochern. Einem Team, das seinen Gegner mit weiten Pässen überfällt, ihm kaum Zeit zum Atmen lässt – und am Ende meist gewinnt. In diesem Achtelfinalrückspiel der Champions League bedurfte es dazu allerdings des Nervenspiels vom Elfmeterpunkt.

Und an dessen Ende mussten die Gäste vor allem einen Spieler seelisch aufrichten: Stefan Kießling, die tragische Figur dieser Champions-League-Nacht. Vor dem glücklosen Leverkusener Stürmer hatten schon Hakan Calhanoglu (läppisch in die Mitte des Tores) und Ömer Toprak (feste drüber) ihre Elfmeter verschossen. Doch Stefan Kießling, der treffen musste, um Leverkusens Chancen auf die nächste Runde am Leben zu halten, avancierte zum entscheidenden Fehlschützen in diesem traurigen Trio.

Rudi Völler: "Wir haben einen Elfmeter zu viel verschossen."

Bei der Einordnung der schmerzhaften Erfahrung drifteten die Meinungen der Unterlegenen weit auseinander. „Elfmeterschießen hat immer mit Nerven zu tun, dafür muss man ein bisschen was erlebt haben“, sagte der 48-jährige Roger Schmidt und ergänzte: „Dass wir es mit unserem jungen Team in dieser Atmosphäre überhaupt bis dahin geschafft haben, ist bemerkenswert und nicht normal.“ Sportdirektor Rudi Völler hingegen stand in einer anderen Ecke des Stadions und ärgerte sich deutlicher: „Wir haben einen Elfmeter zu viel verschossen. Mit einer Reifeprüfung hat das überhaupt nichts zu tun, das ist völliger Schwachsinn.“

Bayers Sportdirektor hatte erkennbar zu knabbern am verpassten Viertelfinale. „Abhaken geht nicht heute Abend“, seufzte der 54-Jährige nach der Niederlage gegen das rustikale Team des argentinischen Trainers Diego Simeone. „Das ist eine spanische Mannschaft mit allen Raffinessen, die mit allen Mitteln kämpft und sehr viel zerstört, aber wir haben uns nicht provozieren lassen.“

Zum vierten Mal in zehn Jahren scheiterte Bayer Leverkusen im Achtelfinale

Trotzdem schied die Elf von Bayer Leverkusen zum vierten Mal binnen zehn Jahren im Achtelfinale der Champions League aus. Weil den Gästen, wie einige Leverkusener Spieler zu Recht fanden, der nötige Mut gefehlt hatte.

„Madrid war die gesamte Partie über die aktivere Mannschaft, das hat sich dann auch im Elfmeterschießen gezeigt“, sagte Simon Rolfes. Seine Kritik am eigenen Team ist allerdings auch mit seiner Rolle als Ersatzmann zu erklären, der 33-Jährige kam erst nach 77 Minuten ins Spiel. Doch auch Mittelfeldkollege Gonzalo Castro, der von der ersten bis zur letzten Sekunde auf dem Platz stand und neben Rolfes als einziger Leverkusener seinen Strafstoß ins Netz brachte, sagte: „Uns hat der Mut gefehlt.“

Man habe sich „von den Fans, vom aggressiven Dasein Atleticos ein bisschen einschränken lassen“, monierte der Sohn spanischer Einwanderer, während Trainer Roger Schmidt schon wieder tatendurstig auf das Punktspiel am Samstag beim direkten Konkurrenten Schalke blickte. „Wir hatten in unseren Aktionen nicht den Tiefgang, der uns sonst auszeichnet“, sagte der Trainer, „jetzt müssen wir zusehen, dass wir im nächsten Jahr wieder Champions League spielen dürfen – und es mit den Erfahrungen von diesmal dann ein bisschen besser machen.“

Diesem Plan schloss sich Michael Schade später mit Vehemenz an. Seine spezielle Meinung zum Unterschied zwischen Champions League und Europa League tat Bayers Geschäftsführer nachts um ein Uhr kund. Beim Bankett der Leverkusener sagte er: „Lieber einmal in Madrid verlieren, als einmal am Ural gewinnen.“

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