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Wir sehen uns in einem Jahr. Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach (r), und der japanische Premierminister Shinzo Abe.

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Update

Aus Tokio 2020 wird Tokio 2021: Olympische Spiele mit langem Anlauf verschoben

Wegen der Coronavirus-Pandemie wird das weltgrößte Sportereignis nun erst im kommenden Jahr in Japan stattfinden.

Plötzlich ging alles ganz schnell. Die Olympischen Spiele in Tokio werden von diesem Sommer in das Jahr 2021 verschoben. Darauf einigten sich das Internationale Olympische Komitee (IOC) und Gastgeber Japan am Dienstag. Auch die Paralympics werden ins kommende Jahr verlegt. „In viereinhalb Monaten hätten in Japan sichere Bedingungen angeboten werden können. Aber es gab eine große Welle in der Welt", sagte IOC-Präsident Thomas Bach und betonte: „Es geht um den Schutz des menschlichen Lebens. Finanzen hatten jetzt keine Priorität.“

Genau daran hatten zuletzt viele Menschen gezweifelt. Noch in der vergangenen Woche hatte Bach erklärt, Olympia zum geplanten Termin vom 24. Juli bis 9. August austragen zu wollen. Entsprechend liefen die Vorbereitungen weiter auf Hochtouren. Am Freitag war das olympische Feuer in Japan eingetroffen, 55.000 Menschen besichtigten es tags darauf in Sendai. Die grassierende Verbreitung des Coronavirus spielte da noch keine Rolle – oder sollte keine spielen.

Am Sonntag bewegte sich das IOC dann erstmals und deutete an, die Spiele notfalls doch verschieben zu wollen. Innerhalb von vier Wochen sollte eine Entscheidung fallen. Es dauerte keine zwei Tage mehr. Schon am Montag war die Verschiebung durchgesickert, einen Tag später wurde sie dann Fakt. Wann Olympia in Tokio nachgeholt wird, ist derzeit noch offen. „Den Zeitrahmen haben wir noch nicht diskutiert. Das werden die Koordinierungskommission und das Organisationskomitee machen“, sagte Bach. Später als im Sommer 2021 sollen die Spiele aber nicht stattfinden.

„Die nunmehr schnelle und klare Entscheidung zur Verschiebung der Olympischen und Paralympischen Spiele ist ein richtiger und enorm wichtiger Schritt für den internationalen Sport und die gesamte Weltgemeinschaft“, sagte Alfons Hörmann. Wie der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes zeigten sich auch zahlreiche Athleten erleichtert. „Mein Olympia-Traum ist verschoben – nicht geplatzt. Auch wenn es für mich aktuell schwer zu greifen ist, es ist die absolut richtige Entscheidung die Spiele zu verlegen“, postete Ringer Frank Stäbler bei Instagram.

In dem sozialen Netzwerk äußerte sich auch der dreifache Paralympics-Sieger Markus Rehm und betonte die Alternativlosigkeit der Maßnahme: „Wenn wir für die olympischen und paralympischen Werte stehen, müssen wir zuerst diesen Kampf für die Gesundheit, die Sicherheit und die Freiheit gewinnen.“

Für die Sportler bedeutet die Verschiebung das Ende einer Hängepartie

Noch nie mussten Olympische Spiele in Friedenszeiten verschoben werden, das sportliche Großereignis ist in diesem Jahr aber nur eines von vielen, das wegen der Coronavirus-Pandemie nicht durchgeführt werden kann. Zuvor war unter anderem die Fußball-Europameisterschaft um ein Jahr verlegt worden. In vielen nationalen und internationalen Ligen ruht der Spielbetrieb, Turniere oder Rennen in den meisten anderen Sportarten mussten abgesagt werden.

Für die Sportler, die sich auf Tokio 2020 vorbereitet hatten, bedeutet die Verschiebung zumindest ein Ende einer Hängepartie. Viele Athleten konnten zuletzt nur eingeschränkt trainieren, dazu waren für viele die Qualifikationskriterien unklar. Manche fürchteten deshalb, dass es in Tokio keine Chancengleichheit geben würde. Zumindest diese Sorge ist nun zunächst einmal vom Tisch, auch wenn niemand weiß, wie die Welt in einem Jahr aussieht und ob das Coronavirus tatsächlich auch erfolgreich bekämpft werden kann.

Für Ausrichter Japan sind die finanziellen Folgen der Verschiebung enorm – und im Moment noch schwer abzuschätzen. Einheimische Experten rechnen mit Mehrkosten in Höhe von über fünf Milliarden Euro. Bei geschätzten zehn bis 20 Milliarden Euro an Ausgaben für den Bau der Sportstätten, des olympischen Dorfs und der Modernisierung der Infrastruktur, lässt sich zumindest erahnen, warum Ministerpräsident Shinzu Abe lange um die Durchführung von Olympia in diesem Sommer gekämpft hatte.

Nun sollen die Spiele 2021 zu einem „Fest der Menschlichkeit und eines Überstehens der Pandemie“ werden, sagte Thomas Bach. Sein IOC ist gegen den Ausfall von Olympia zwar versichert, inwieweit dies allerdings im Falle einer Verlegung greift, ist unklar.

Immerhin sicher ist, dass das olympische Feuer bis auf Weiteres in Japan bleibt. Es soll als „Leuchtfeuer der Hoffnung für die Welt stehen und dass die olympische Flamme zum Licht am Ende des Tunnels werden könnte, in dem sich die Welt derzeit befindet“, hieß es am Dienstag beinahe schon pathetisch.

Zunächst aber müssen sich die Olympia-Macher Vertrauen zurückerkämpfen – bei Sportlern, Trainer und Fans. Die Entscheidung, auf die Sommerspiele in diesem Jahr zu verzichten, ist ein erster Schritt in diese Richtung. Auch wenn das IOC und Japan dafür einen viel zu langen Anlauf gebraucht haben.

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