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Sport: Ausbalanciert

Tennisspielerin Amelie Mauresmo hat ihren Weg gefunden

Von Oliver Trust

Filderstadt. Die Muskelberge an Schultern und Oberarmen sind verschwunden. Jetzt sagt keiner mehr, sie sähe aus wie ein Mann und es fühle sich so an, als spiele man gegen einen männlichen Gegner, wie es einst Lindsay Davenport empfand. Amelie Mauresmo ist eine Frau, 23 Jahre alt und spielt gutes Tennis. Sehr gutes dieses Jahr. Bis auf Position vier der Weltrangliste kletterte sie. Gleich hinter die Williams-Schwestern und Jennifer Capriati. Viele sind froh über ihren Höhenflug. Angesichts des Alleingangs der Schwestern braucht die Tennisszene eine neue Kraft, die es nach ganz oben schaffen kann.

„Ich habe abgenommen", sagt Mauresmo. Sechs Kilo. Sie hat die Ernährung umgestellt und trainiert jetzt noch gezielter. Es passierte eines Tages einfach. Sie saß alleine daheim und dachte nach, „was ich will. Entweder ich spiele weiter nur in den Top-Ten, oder ich ändere etwas". Die Nummer eins Frankreichs formulierte ihre Ziele neu. „Ich will die Nummer eins werden", sagt sie und lächelt. Die Nummer eins in der Welt. „Ich brauchte das neue Ziel für einen wirklichen Neuanfang. Ich war einfach nicht glücklich".

Das lag wohl auch an privaten Dingen, an ihrem öffentlichen Bekenntnis, lesbisch zu sein und manch unglücklicher Beziehung. Heute lebt sie in Genf, aus steuerlichen Gründen, weit weg von der Familie. Nicht nur innerlich hat sie die Trennung hin zu mehr Eigenständigkeit vollzogen. Wenn sie spricht, spricht sie leise, besonnen, klar und hat so gar nichts divenhaftes, zickiges an sich, wie viele andere Tennisspielerinnen. Mauresmo strahlt Wärme und Nüchternheit aus. Sie lächelt, schaut den Menschen in die Augen und sie zeigt ihr neues Selbstvertrauen. „Ich kann die Nummer eins werden", sagt sie.

Die französischen Tennis-Journalisten beschreiben sie als lustig, aber sensibel. Bei den French Open saß Amelie Mauresmo in diesem Jahr eine Stunde in der Kabine und weinte. Sie hatte in der Runde der letzten 16 verloren und dem Druck, als Französin dort gewinnen zu müssen, nicht standgehalten. Irgendwann aber wollte sie der Verzweiflung, die sie so sehr blockierte, keinen Raum mehr geben. Sie schob die Zweifel beiseite und entschied, sich manches entspannter zu betrachten. „Ich hatte ein paar harte Jahre“, sagt sie über die Zeit, als sie für den französischen Verband ihr Elternhaus verließ und ins Sportinternat wechselte. Jetzt hat sie ihre Balance wieder gefunden.

Die Kolleginnen sagen, sie sei noch athletischer. „Sie kommt an Bälle, die andere nicht erreichen. Sie kann es schaffen, die Williams-Schwestern anzugreifen", sagt die Deutsche Barbara Rittner. Das hat Mauresmo gespürt, obwohl sie in Paris knapp an Venus Williams scheiterte, in Wimbledon klar gegen Serena unterlag und wieder knapp gegen Serena bei den US Open. „Bei den US Open habe ich gemerkt wie nah ich dran war", sagt sie. Wie stark sie ist, erfuhr gestern in Filderstadt auch die Luxemburgerin Anne Kremer. Sie wurde im Achtelfinale von Amelie Mauresmo 6:1, 6:2 deklassiert.

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