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Offensichtlich: Beim HSV machen die Spieler, was sie wollen.

© dpa

Auslaufen mit Lüdecke: Der Hamburger SV braucht Cäsar

Die Leistungen vom Hamburger SV und Guardiolas Interviews sind zunehmend eine Beleidigung für jeden einigermaßen gebildeten Fußballfan - findet unser Kolumnist.

Beim Hamburger SV tut sich was, Kompliment! Während es zuletzt unter Trainer Zinnbauer desaströse Leistungen gab, bewiesen die Hamburger, dass solche katastrophalen Darbietungen durchaus auch unter anderen Trainern möglich sind. So erklärte der neue HSV-Übungsleiter Peter Knäbel nach seinem ersten Spiel – einem 0:4 gegen Leverkusen –, ein Gutes hätte die Niederlage. Er wisse jetzt, auf wen er sich verlassen könne und auf wen nicht. Na immerhin. Wenn man das Spiel gesehen hat, wird man leider sagen müssen, dass der neue HSV-Trainer gerade eine sehr traurige Erfahrung macht. Nämlich, dass man sich in schwierigen Zeiten auf seine Mitmenschen besser nicht verlassen sollte. Eine Erfahrung, die vor Herrn Knäbel allerdings auch schon andere Menschen machen mussten. Julius Cäsar zum Beispiel. Oder Helmut Kohl.
Oder auch Dante, vom FC Bayern München. Nach dem sogenannten „Spitzenspiel“ gegen Dortmund – der Erste traf auf den Zehnten, aber egal – gab Bayerns Trainer Guardiola wieder eines seiner sagenumwobenen Interviews. Während er sonst nach zweistelligen Kantersiegen die unterlegenen Mannschaften in höchsten Tönen lobt („Chaben uns alles abverchlangt“), gab es diesmal etwas ganz Neues. Er widmete den 1:0-Erfolg seinem brasilianischen Abwehrspieler. Den hatte er kürzlich bereits nach 20 Minuten wegen schlechter Leistungen vom Platz geholt und ihn keines Blickes gewürdigt, wofür es einige Kritik gab. Jeder weiß, dass Dante den Verein wird verlassen müssen. Nun sagt der spanische Meistertrainer den verdutzten Journalisten, er hätte gerne „1000 Dantes“. 1000 Dantes? Und die restlichen 997? Er kann doch pro Spiel nur drei auswechseln.

HSV-Trainer Peter Knäbel und sein Zeugnis allerhöchster Lebensweisheit

Der Profifußball ist eine Schlangengrube und Guardiolas Interviews zunehmend eine Beleidigung für jeden einigermaßen gebildeten Fußballfan. Hier ist profanes Misstrauen wirklich angebracht. Da lob’ ich mir Herrn Knäbel aus Hamburg. Sein Misstrauen befindet sich auf einer höher entwickelten Stufe. Es geht sogar so weit, dass er sich nicht einmal auf sich selbst verlässt. Wie zu hören war, sucht er bereits händeringend nach seinem eigenen Nachfolger. Auf dem Ast, auf dem er sitzt, sägt er quasi selbst. Das zeugt von allerhöchster Lebensweisheit.

Dem derzeit arbeitslosen Trainer Thomas Tuchel, den inzwischen jeder zweite Bundesligist verpflichten möchte, soll man bereits 3,5 Millionen Euro geboten haben. 3,5 Millionen Euro pro Jahr, um die Hanseaten wieder auf Vordermann zu bringen! Als ich diese Summe hörte, dachte ich – unfassbar! Dann habe ich die Hamburger Abwehr spielen sehen. Wie sie vor dem 0:3 alle zuschauen, was der Gegner mit dem Ball so alles anstellt. Und dann dachte ich: 3,5 Millionen?! Zu wenig.
Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier nach jedem Wochenend-Spieltag über die Fußball-Bundesliga.

Frank Lüdecke

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