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Klare Ansage mit Rocky-Silhouette: die Stuttgarter Fans wissen, was sie von ihrem VfB erwarten - oder um es mit dem Filmboxer zu sagen: "It ain't over 'til it's over."

© Imago

Auslaufen mit Lüdecke: Die Rhetorik im Abstiegskampf

Unser Kolumnist Frank Lüdecke analysiert diesmal die Chancen der Abstiegskandidaten auf den Klassenerhalt in der Bundesliga. Entscheidend ist dabei nicht nur, wie gespielt, sondern auch, was gesprochen wird.

Für diejenigen, die sich nicht so für die Bundesliga interessieren: Es ist ganz einfach. Zwei Mannschaften werden am Ende definitiv absteigen. Die Frage ist nur: wer? Stuttgart wäre ein Kandidat. Trainer Stevens analysierte am Samstag, es sei enttäuschend, in letzter Minute ein Gegentor zu bekommen, aber passieren könne so etwas. Stimmt.

Noch enttäuschender ist es allerdings, in letzter Minute abzusteigen. Kann auch passieren, so was. Stuttgart scheint gefährdet. Nürnbergs Trainer Verbeek blickt lieber nach vorn: Am besten hole man aus den letzten vier Spielen 12 Punkte. Da hat er sehr gut gerechnet. 12 Punkte bedeuten vier Siege. Nürnberg scheint es zu schaffen.

Hannover übrigens auch. Die Niedersachsen bezogen die Woche über ein Mini-Trainingslager. Da sei „viel gesprochen worden“. Mittelfeldspieler Bittencourt erklärte, erst da sei ihnen klar geworden, wie ernst die Lage ist. Aha! Vier Spieltage vor Schluss merken die Spieler von Hannover 96, dass sie kurz vor dem Abstieg stehen.

Und warum merken sie es? Weil sie gesprochen haben. Donnerwetter! Das ist diese viel beschworene Macht des Wortes! Hannover scheint auch gerettet.

Bleiben also noch Hamburg und Braunschweig. Hamburg verlor unglücklich kurz vor Schluss mit 1:2 gegen die Rhetoriker aus Hannover. Trainer Mirko Slomka stellte fest, der Gegner sei läuferisch stark gewesen, dafür hätte seine Mannschaft eine schlechte Passquote gehabt. So hat halt jeder seine Schwächen. Hat sich aber nicht ausgeglichen, schade. Für Hamburg wird es langsam zappenduster.

Für Eintracht Braunschweig ist es seit Saisonbeginn zappenduster

Das kann Braunschweig nicht passieren. Für Braunschweig ist es bereits seit Saisonbeginn zappenduster. Und egal, ob sie nun gewonnen oder verloren haben, sie blieben immer Letzter. Sie haben auch schon darüber gesprochen. Rhetorisch ist alles klar in Braunschweig. Und theoretisch wär' sogar noch was drin. Die Formkurve zeigt immer noch nach oben.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt bei uns jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.
Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt bei uns jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

© dpa

Ganz im Gegensatz zu Bayern München. Da geht’s gerade rapide bergab. In den vergangenen drei Spielen gab’s zwei Niederlagen und ein Unentschieden. Gegen Dortmund verlor man sogar mit der ersten Mannschaft 0:3! Die wurde extra aufgestellt. Die beste Mannschaft! Weil man, so Trainer Guardiola, Respekt vor Dortmund habe. Das wird man gerne hören, in Augsburg.

In Umkreis von Bayern München wird auch viel geredet. Vor allem von Matthias Sammer. Seit dem Gewinn der Meisterschaft leidet er an einer sehr seltenen Störung des Sprachzentrums, leider. Er kann keinen Hauptsatz bilden, in dem nicht das Wort „Verantwortung“ oder „Respekt“ vorkommt.

Nach seiner festen Überzeugung ist es das, was die Bayern gegenüber ihren Bundesligakonkurrenten verspüren. Rhetorisch jedenfalls. Dennoch hat es den Anschein, als bliebe dem Rhetorischen der Weg ins Praktische verwehrt. Aber egal, was geredet wird, absteigen können die Bayern nicht mehr. Dafür haben sie als Meister bereits zu viele Punkte gesammelt.

Frank Lüdecke

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