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Die Bundesliga-Uhr für den HSV läuft ab.

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Auslaufen mit Lüdecke: Die unterschiedlichen Aggregatzustände in der Bundesliga

Qualität hier, Kampfgeist da. In den letzten Wochen der Bundesliga-Saison ist eigentlich nur noch der Abstiegskampf interessant. Unser Kolumnist Frank Lüdecke hat sich darüber so seine Gedanken gemacht.

Die Liga geht auf die Zielgerade. Eigentlich sollte die Spannungskurve jetzt nach oben zeigen. Aber irgendwie zerfasert alles. Ja, schön, ein bisschen Abstiegskampf – aber die meisten sind doch gedanklich schon woanders. Bei der Champions League, der WM oder den Ferien an der Algarve. Der wichtigste Titel ist seit Wochen vergeben, an Bayern. Nun rätselten die Experten, womit spielen die Münchener eigentlich die letzten Spiele? Mit einer A-, B- oder C- Mannschaft? Ich glaube mittlerweile, das ist gar keine Mannschaft, mit der sie da auflaufen. Das ist eine Bundesliga-Überbrückungsgemeinschaft. Der Übergang vom Punktespiel zur Prophylaxe.

Ein anderer Titel geht vielleicht nach Berlin: „Schlechteste Mannschaft der Rückrunde“. Dafür wurden eigens Dynamik und Spielwitz aufgegeben. Ich habe hier kürzlich das Mittelmaß der Mannschaft positiv hervorgehoben. Jetzt muss ich zugeben, dass ich sogar durchgerechnet habe, ob es theoretisch möglich ist, dass Hertha noch... nein, ist es nicht.

Es ist schon interessant anzusehen, in welch unterschiedlichen Aggregatzuständen sich die Mannschaften kurz vor Schluss befinden. Manche kämpfen noch, aber es mangelt ihnen offensichtlich an Qualität (Braunschweig, Hertha). Andere haben Qualität, wollen aber nicht mehr kämpfen (Bayern). Wiederum andere kämpfen mit ihrer Qualität (Stuttgart, Gladbach, Leverkusen) und dann gibt es noch Hamburg. Eine Mannschaft, die weder Qualität hat, noch kämpfen will.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt bei uns jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.
Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt bei uns jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

© dpa

Seit über 2000 Jahren spielt der HSV in der Fußball-Bundesliga. Viel ist passiert, seit jener Zeit. Die Elektrizität wurde erfunden und die Viererkette ohne Libero. Die Hanseaten sind sehr stolz auf ihren Verein. Sie haben sogar eine Uhr im Stadion angebracht, die anzeigt, wie lange ihr Verein schon in der Bundesliga spielt. Letztes Jahr ging die Uhr kaputt und sie mussten sie reparieren. Nun funktioniert die Uhr wieder, dafür ist jetzt die Mannschaft kaputt. Nach dem 1:3 gegen Wolfsburg haben erwachsene Männer tränenerfüllten Auges mit weißen Taschentüchern Richtung Spielfeld gewunken. Sieht man eher selten, so was. Der Trainer sagt, Platz 16 wäre schon super. Das klingt alles gar nicht gut. Vielleicht müssen sie die Uhr in drei Wochen abstellen.

In Braunschweig hat man auf die Anschaffung einer solchen Bundesliga-Uhr übrigens von vorneherein verzichtet. Die Kosten hätten nicht im Einklang mit dem Nutzen gestanden.

Frank Lüdecke

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