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Thomas Kraft auf dem Weg zum Ball, doch der ist schon woanders hin.

© Imago

Auslaufen mit Lüdecke: Immer dasselbe Tor

Ein Ball segelt in den Strafraum, Herthas Torwart Thomas Kraft segelt hinterher, aber die beiden finden nicht zueinander. Unser Kolumnist hat den Eindruck, dass die Berliner immer dasselbe Tor kassieren.

Bayern München hat wieder einen Rekord aufgestellt, Glückwunsch! Sie haben seit soundsovielen Spielen nicht mehr verloren. Wie viele genau, das wissen nur Statistiker aus dem Forschungszentrum Garching, wo die Ergebnisse seit Jahrzehnten in einem Großrechner konserviert werden. Irgendein 90-Jähriger aus dem Bayerischen Wald soll die letzte Niederlage von München noch live miterlebt haben.

Aber am 23. November ist es dann so weit. Da spielt der FC Bayern gegen Borussia Dortmund. Und nach den Eindrücken der bisherigen Saison geht die Serie dann zu Ende. Diese Aussage beruht allerdings nicht auf der Auswertung harter Fakten, sondern auf der Auswertung meines Wunschdenkens.

Bei dem 2:1-Sieg der Bayern am Sonnabend bei Hoffenheim waren zwei Dinge besonders auffallend: Der Ball hat bei allen Toren von der richtigen Seite die Linie passiert und ist dann im fest geknüpften Netz hängen geblieben. Zum anderen hat sich Nationaltorwart Manuel Neuer einen verblüffenden Fehlgriff geleistet, der auch prompt mit einem Gegentor bestraft wurde. Wenn Torwarte Fehler machen, hat das meist gravierende Konsequenzen. Und Torwarte machen Fehler.

Letzte Woche hat der eigentlich exzellente Freiburger Keeper Oliver Baumann mit geradezu spektakulären Slapstickeinlagen drei Gegentore verschuldet. Und wurde mit diesen Aktionen sogar kurzfristig zum Youtube-Star. Nach dem Spiel trat er vor die Kameras und sagte: „Das war das schlechteste Spiel meines Lebens.“ Und hatte die Sympathien auf seiner Seite. An diesem Spieltag gewann Freiburg äußerst glücklich 3:0 in Nürnberg. Und wer war der überragende Spieler?

Bei Hertha setzt auch gerade eine Torwartdiskussion ein. Man hat leider den Eindruck, die Berliner kassieren immer dasselbe Tor. Ein Ball segelt in den Strafraum, der Berliner Torwart segelt hinterher, aber die beiden finden nicht zueinander. Und dann köpft einer ins leere Gehäuse. Das ist schade. Denn der Berliner Torwart ist auch ein sehr guter Torwart. Er verfügt über unglaubliche Reflexe. Schüsse auf das Tor hält er alle. Vielleicht sollte der Berliner Keeper die nächsten Spiele einfach mal auf der Linie bleiben. Oder beim Herauslaufen versuchen, gezielt am Ball vorbeizufliegen. Vielleicht kriegt er ihn dann. Aber wir Fußballkonsumenten wissen ja eh alles besser. Und ich sowieso. Deshalb habe ich auch einen Ratschlag für den Berliner Schlussmann. Es untergräbt keineswegs die eigene Autorität, wenn man Fehler offen eingesteht. Siehe Freiburgs Torwart Baumann. Also nicht: Die Mannschaft hat insgesamt bla, bla, bla… Oder: Hier muss auch die Zuordnung bla, bla, bla… Sondern: Es wäre für die Mannschaft von Vorteil gewesen, wenn ich den Ball gefangen hätte. Fertig.

Andererseits, man sollte das mit den Torwarten auch nicht dramatisieren. Meine Güte! Ich kann mich erinnern, auch der Titan Oliver Kahn hat mal einen Ball nicht festhalten können. Na und? Was ist passiert? Ronaldo verwandelte den Abpraller, und 30 Minuten später war Brasilien Weltmeister.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

Frank Lüdecke

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