zum Hauptinhalt
Läuft doch. Pal Dardai vor dem Spiel in Luhansk.

© Reuters

Auslaufen mit Lüdecke: Krise? Lächerlich!

Bayern München in einer Krise? Darüber können wir aus Berliner Sicht nur lachen. Bei Hertha BSC reagieren sie auf die Situation mit einer Mischung aus Buddha und Helmut Kohl.

Bayern München war in eine schwere Krise geraten. Wie das? Nun ja, sie hatten ein Spiel verloren, in der Bundesliga! Gegen Hoffenheim. Und eines in der Champions League. Also genau genommen hatten sie zwei Spiele verloren. Das ist für den bayrischen Fußballfan ein absolutes No-Go. So etwas geht einfach nicht. Für einen Verein, für den nicht die deutsche Meisterschaft zählt, sondern nur die Frage, zu welchem Zeitpunkt sie errungen wird. Mehrere Spieltage verharrten die Münchner auf einem peinlichen zweiten Platz der Bundesligatabelle. Das war eindeutig einen Platz zu schlecht.

Mindestens. Schließlich wurde der öffentliche Druck zu groß und die Verantwortlichen sahen sich zum Handeln gezwungen. Der erfolglose Trainer, ein Italiener, wurde entlassen. Und es wurde Jupp Heynckes installiert, ein alter Weggefährte, der bereits begonnen hatte, seine Rentenbescheide abzuheften.

In Berlin dagegen ist die Situation grundlegend entspannter. Man hat zwar die letzten zehn Spiele in Folge wenig erreicht, aber das macht gar nichts. Trainer Pal Dardai hatte vor dem Auftritt in Freiburg gesagt, erst wenn die nächsten drei Spiele auch nicht gewonnen würden, dann könnte er über den Begriff „Krise“ nachdenken. Diese drei Spiele nicht gewonnen zu haben, würde bedeuten, man wäre im Pokal ausgeschieden, in der Europa League ist man ja schon so gut wie draußen und in der Bundesliga stünde man kurz vor einem Abstiegsplatz.

Dann erst würde sich der Berliner Trainer über eine Krise Gedanken machen. Diese Tiefenentspanntheit gefällt mir. Der Insulaner verliert die Ruhe nicht. Bei Hertha BSC agiert man mit einer Mischung aus Buddha und Helmut Kohl. Abwarten, aussitzen, das wird schon. Und wenn nicht, auch nicht schlimm. Das passt. Der Berliner ist zwar fürs Meckern bekannt, aber das ist letztlich auch nur eine Art Attitüde. Richtig unzufrieden sind wir nicht. Egal, ob wir nun zehn oder 20 Spiele nicht gewonnen haben. Ob der Flughafen nach fünf oder fünfzehn Jahren eröffnet wird. Oder auch gar nicht. Oder ob wir noch Turnhallen haben, mit Originalbaumängeln aus der Weimarer Republik.

Deswegen sprechen wir hier noch lange nicht von „Krise“. Das können die Bayern machen. Die können gerne rumheulen, mit ihrer verkrampften Siegermentalität. Immer Erster sein wollen, dieses zwanghaft Ehrgeizige. Du liebe Güte! Das wirkt für uns wie aus der Zeit gefallen. Wir sind aber trotzdem selbstbewusst genug zu wissen, dass jeder Euro, der in Berlin ausgegeben wird, auch erst mal verdient werden muss. Wo? In Bayern zum Beispiel.

- Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga

Frank Lüdecke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false