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Hoch her ging es beim Spiel zwischen dem HSV und Darmstadt.

© dpa

Auslaufen mit Lüdecke: Liebe Hamburger, hört auf mit dem Gejammer!

Trainer und Spieler des Hamburger SV beschwerten sich über "dreckig" spielende Ingolstädter. Die Norddeutschen sollen sich mal nicht so anstellen, findet unser Kolumnist.

Nach einem sogenannten „Schweinespiel“ (Trainer Labbadia) beschwerten sich die Hamburger Akteure über Aufsteiger Ingolstadt. Die würden „dreckig“ spielen und überhaupt. HSV-Stürmer Drmic verstieg sich zu der Aussage, Ingolstadt sei ein „Horror“ für die Liga. So mache das alles keinen Spaß, und die armen Zuschauer! Er könne deshalb auch gar nicht verstehen, dass ein solches Spiel überhaupt angepfiffen wird. Huiiiijuii! Harte Worte.

Ja, warum? Warum wird ein solches Spiel angepfiffen? Gut. Dann erkläre ich das mal rasch. Dass das Spiel angepfiffen wurde, hat unter anderem damit zu tun, dass Ingolstadt in die Bundesliga aufgestiegen ist und sich nun mit 17 anderen Bundesligisten messen darf. Aber Aufsteiger wie Ingolstadt oder auch Darmstadt verfügen (noch) nicht über die finanziellen Möglichkeiten, wie sie zum Beispiel der HSV aufweisen kann. Ein Verein, der seit Jahren den Kosten-Nutzen-Faktor seiner Millionentruppe in einer Art und Weise konterkariert, dass einem angst und bange wird.

Deshalb werfen Aufsteiger zumeist Kampf, Laufbereitschaft und Zusammenhalt in die Waagschale. Das hat mit ihren natürlichen Ressourcen zu tun. Normalerweise sollte ihnen das Sympathie und Respekt der Rivalen und Zuschauer einbringen. So geht der Deal. Es ist die Aufgabe des Aufsteigers, sich hübsch durch die Liga zu kämpfen, hier und da mal einen Überraschungssieg zu landen und am Ende brav wieder abzusteigen. So war es mit Braunschweig. So war es mit Paderborn.

Ingolstadt und Darmstadt aber fügen sich nicht ihrer angedachten Rolle und stehen in der Tabelle vor einigen sehr etablierten Teams. Das macht die Konkurrenz nervös. HSV-Stürmer Drmic begeht aber einen Denkfehler. Er versteht nicht, dass seine Kritik am Gegner eigentlich Selbstkritik sein sollte. Man kann nämlich nicht von Underdogs erwarten, dass sie sich auf dem Platz so verhalten, dass die spielerisch höhere Qualität ihrer jeweiligen Konkurrenten auch wirklich zur vollsten Entfaltung kommt. Es reicht nicht, die bessere Mannschaft zu haben, man sollte es auch nachweisen können. Es nützt doch nichts, zu sagen: „Der hat mir die Schippe weggenommen!“ Man muss die schönere Sandburg bauen.

Wunderbar fand ich, dass die Partie Köln gegen Hertha angepfiffen wurde. Und ich weiß auch, warum. Wegen eines einzigen Satzes. Nach der Niederlage gegen Bayern München resümierte Trainer Hecking die Situation seiner Wolfsburger mit den Worten: „Acht Punkte Rückstand auf Berlin sind schon deutlich.“ Ja. Kann man wohl sagen. Vor allem, wenn man bedenkt, mit welchen Summen die VW-Werksmannschaft operiert und wen sie alles verpflichtet hat. Allein Julian Draxler für 36 Millionen. Und bei uns schießt Marvin Plattenhardt die Freistöße. Hertha steht nach 23 Spieltagen auf Platz drei der Tabelle. Mit oder ohne Schippe – ich finde, das ist eine supertolle Sandburg.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga. In dieser Woche spielt er sein aktuelles Programm „Schnee von morgen“ bei den Wühlmäusen. Am 3.3. und 4.3. um 20 Uhr, am 5.3. um 16 Uhr.

Frank Lüdecke

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