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© dpa

Außerordentlicher DFB-Bundestag: Mit beiden Beinen auf dem Rasen

Der Deutsche Fußball Bund (DFB) reformiert auf einem Außerordentliche Bundestag heute sein Schiedsrichter-System und muss sich dabei selbst hinterfragen.

Berlin - Herbert Fandel hat harte Wochen hinter sich; er sagt, „sehr, sehr harte Wochen“. Der langjährige Schiedsrichter aus Kyllburg, der als Pianist Konzerte gibt und in einem Kulturamt arbeitet, musste sich zuletzt mit der rohen Welt des organisierten Fußballs beschäftigen. Die Affäre um mögliche sexuelle Belästigungen unter Schiedsrichtern inklusive chaotischer Aufarbeitung hat nicht nur den Deutschen Fußball-Bund (DFB) erschüttert und DFB-Präsident Theo Zwanziger fast das Amt gekostet. Sie hat auch Fandels Leben verändert. Nachdem der 46-Jährige „von der Sache zwangsüberfallen wurde“, wie er erzählt, hat er sich der Causa offensiv gestellt. Heute nun versammelt sich der DFB in Frankfurt am Main, um Fandels Reformkonzept abzusegnen, das die Schiedsrichter-Gilde transparenter machen soll. Erkennbar soll das schon an einer Personalie werden: Nach Saisonende geht Schiedsrichterchef Volker Roth, den die Bundesliga für ein autarkes Machtgefüge verantwortlich macht, vorzeitig in den Ruhestand. Den 68-Jährigen löst Fandel ab.

Dass Beobachtung, Bewertung und der Einsatz junger Schiedsrichter in immer gleichen Händen liegen, soll künftig verhindert werden. „Es müssen Personen verantwortlich sein, die keine eigenen Interessen verfolgen“, sagt Fandel im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Über den Aufstieg talentierter Referees in den lukrativen Profibereich sollen mehr Personen mitentscheiden. Vor allem die Deutsche Fußball-Liga (DFL) der Profivereine hatte hier Reformbedarf ausgemacht und die Spitze der Referees als „Geheimbund“ kritisiert. Die Liga würde die Profi-Pfeifer am liebsten selbst betreuen. Das aber will Fandel verhindern: „Die Schiedsrichterei soll zusammenbleiben, die Ausbildung muss einheitlich sein.“ Am Konzept mitgeschrieben hat darum DFL-Vertreter Hellmut Krug. Auch neue Kriterien für eingesetzte Schiedsrichter sollen überzeugen.

Die Liga würde die Profi-Pfeifer am liebsten selbst betreuen

„Wichtig ist, dass wir gestandene Persönlichkeiten haben, die mit beiden Beinen im Leben stehen und über Lebenserfahrung verfügen“, sagt Fandel. Auf die Frage, ob er damit auf den 27-jährigen Fifa-Referee Michael Kempter anspiele, will er keine Antwort geben. Der hoch talentierte Kempter hatte mit Belästigungs-Vorwürfen gegenüber Schiedsrichter-Obmann Manfred Amerell die Affäre publik gemacht, ließ sich aber in einer von Amerell befeuerten Schlammschlacht in Widersprüche verwickeln. Wann er wieder pfeifen darf, ist offen. Amerell, der alle Vorwürfe bestreitet, zieht derweil vor Gericht; am Montag will er DFB-Chef Zwanziger erneut untersagen lassen, die delikate Affäre mit den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche zu vergleichen.

Über die Zukunft von Zwanziger, der den vierten Außerordentlichen Bundestag seiner Präsidentschaft einberufen hatte, wird heute nicht abgestimmt. Aber hinter Worten vom Neuanfang dürfte Kritik mitschwingen an der hemdsärmligen Aufarbeitung der Affäre – und die Frage nach dem Sinn des 400.000 Euro teuren Konvents, der ein Konzept beschließen soll, von dem sowieso die meisten überzeugt sind. Zwanziger darf sich immerhin heute an seinem Vorsatz messen lassen, demütiger als früher aufzutreten.

Herbert Fandel, dem feinsinnigen Kommunikator, wird man dieses Versprechen wohl nicht abnehmen müssen.

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