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Australian Open: Nicht mehr gegen sich selbst

Früher war die Tennisspielerin Dinara Safina vor allem die kleine Schwester von Marat Safin – jetzt kann sie die Nummer eins werden

Eine Flasche Wodka wird es morgen sicher nicht geben. Ob nun Dinara Safina das Finale der Australian Open gewinnt oder nicht, sie will „höchstens ein Glas Wasser trinken“. Anders als Marat Safin, der seinen Titel 2005 ausgiebig mit Wodka feierte, mag es seine jüngere Schwester etwas gediegener. Feiern wird sie trotzdem, sollte sie morgen gegen Serena Williams aus den USA gewinnen (9.30 Uhr, live bei Eurosport). Denn die Siegerin des ersten Grand-Slam-Turniers des Jahres wird auch die neue Nummer eins der Tennisweltrangliste.

„Vor zwei Jahren hätte ich dieses Spiel wahrscheinlich verloren“, sagte Dinara Safina, nachdem sie Jelena Dokic im Viertelfinale besiegt hatte. Die 15 000 Zuschauer in der Rod-Laver-Arena hatten ihre australische Gegnerin frenetisch angefeuert, und doch war es Safina, die als Siegerin vom Platz ging. Vor einem Jahr noch verlor die Russin in der ersten Runde, nun wehrte Safina im Achtelfinale gegen die Französin Alizé Cornet zwei Matchbälle ab und drehte die Partie. Gegen Vera Swonarewa (Russland) siegte sie gestern souverän 6:3, 7:6 (7:4). Das liegt vor allem daran, dass die 22-Jährige in entscheidenden Momenten die Nerven behält, während sie sich früher oft in wüsten Beschimpfungen verlor. „Ich spiele immer gegen mich selbst“, sagt Dinara Safina. „Ich wäre froh, wenn da draußen einmal nur die Gegnerin und der Ball wären.“

Dass ihr das zuletzt immer häufiger gelingt, dafür macht die Russin vor allem ihren Sieg bei den German Open in Berlin vor einem Jahr verantwortlich. „Berlin hat mich komplett umgekrempelt“, sagt Safina. Kurz darauf erreichte sie das Finale der French Open und der Olympischen Spiele. Von Position 15 ging es vor bis auf Rang drei der Weltrangliste. Nun kann es bis ganz nach oben gehen, dazu hat Dinara Safina doppelt beigetragen: Sie war es, die die ehemalige Weltranglistenerste Justine Henin in Berlin besiegte – und in den Ruhestand schickte. Die Belgierin beendete kurz darauf ihre Karriere. Seitdem ist der Platz an der Spitze quasi unbesetzt, so häufig wechseln die Namen ganz oben im Ranking. Die amtierende Weltranglistenerste Jelena Jankovic verabschiedete sich in Melbourne im Achtelfinale.

Dinara Safina ist eine der beiden, die nun ihre Nachfolge antreten können. Seit Wimbledon hat die Russin acht Kilo Gewicht verloren, wirkt jetzt austrainiert, was man mitnichten von allen Damen auf der Tour behaupten kann. Wie die meisten Russinnen, von denen gleich drei in Melbourne das Halbfinale erreichten, prügelt Safina ihrer Gegnerin so lange den Ball um die Ohren, bis die den Fehler macht oder nicht mehr an den Ball herankommt.

Ihre morgige Kontrahentin ist allerdings Serena Williams, die Elena Demetjewa gestern 6:3, 6:4 besiegte. Die US-Amerikanerin ist dafür bekannt, gegen Ende des Turniers immer stärker zu werden. Für die jüngere der Williams-Schwestern wäre es bereits der vierte Titel in Australien, der zehnte Grand-Slam-Titel insgesamt.

Dinara Safina geht gerade ihren ersten an. „Es wäre toll, die gleiche Trophäe wie mein Bruder in den Händen zu halten“, sagt sie und spricht damit selbst ihr größtes Problem an. Lange Zeit war sie vor allem eines: die kleine Schwester von Marat Safin, der zwei Grand-Slam-Titel gewann und die Nummer eins der Welt war. Noch immer gibt es kein Interview, in dem Dinara Safina nicht auf ihren Bruder angesprochen wird. „Er war immer mein Idol und er ist es noch heute“, sagt sie, obwohl Marat Safin etwas außer Form ist und in diesem Jahr bereits in der dritten Runde ausschied.

Nach ihrem Viertelfinalsieg gegen Jelena Dokic konnte Safina ihrem großen Bruder zum 29. Geburtstag gratulieren. Ein Sieg im morgigen Finale hätte für sie noch einen schönen Nebeneffekt: „Dann brauche ich ihm kein Geschenk mehr kaufen.“

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