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Darf endlich mal abends ran: Tennisprofi Andy Murray.

© AFP

Australian Open: Wenn die Sonne versinkt

Tennisprofi Andy Murray fühlt sich vor dem Halbfinale benachteiligt: "Ich hätte gerne auch mal abends gespielt." So wie sein Gegner Roger Federer, der zuletzt viermal abends antreten durfte.

Mit Ivan Lendl ist nicht zu spaßen. Zwar verfügt der gebürtige Tscheche über einen tiefschwarzen Humor, doch irgendwie hat es Lendl nie geschafft, sein Bild von „Ivan, dem Schrecklichen“ zu revidieren, das ihn seit seinen Spielertagen anhängt. Und er will das wohl auch gar nicht. Nie verzieht der 52-Jährige nur die geringste Miene, das macht Eindruck. Und so hatte sich Lendl wohl erhofft, sein energisches Auftreten würde auch Turnierdirektor Craig Tiley zumindest ein kleines bisschen einschüchtern. Lendl hatte Tiley seinen Unmut klar und deutlich mitgeteilt, im Team von Andy Murray fühlte man sich während dieser Australian Open nämlich arg benachteiligt.

„Ich hätte gerne auch mal abends gespielt“, monierte Murray nach seinem Halbfinaleinzug, „aber es ist eben schwer, jeden mit dem Spielplan glücklich zu machen.“ Versöhnliche Töne, die Tage zuvor aus seinem Lager noch ganz anders klangen. Lendl soll sich bei der Turnierleitung über Wettbewerbsverzerrung und Bevorteilung beschwert haben, und das ging in Richtung Roger Federer. Der Schweizer hatte zuletzt vier Mal in Folge in der so genannten Nightsession spielen dürfen, während Murray stets nachmittags in der sommerlichen Wärme antreten musste. „Abends ist der Platz langsamer und die Bälle sind etwas schwerer“, erklärte der Schotte. Und das sei nun unfair, da das Halbfinale und das Endspiel in Melbourne abends ausgetragen werden. Murray habe keine Chance gehabt, sich an die veränderten Bedingungen zu gewöhnen, sein heutiger Gegner Federer dagegen schon.

„Ich denke nicht, dass ich bevorteilt wurde“, entgegnete Federer, „wenn wir jeden Tag 35 Grad gehabt hätten, wäre es etwas anderes. So aber waren die Bedingungen sehr ähnlich.“ Außerdem erschienen die Partien des 17-maligen Grand-Slam- Siegers in den ersten Runden schlicht attraktiver und verlangten geradezu, als Highlight für die abendlichen Fernsehzuschauer angesetzt zu werden. Erst der gefährliche Routinier Nikolai Dawidenko, dann Australiens Hoffnung Bernard Tomic, gefolgt vom Aufschlagriesen Milos Raonic und schließlich der Franzose Jo-Wilfried Tsonga. Und der Fünfsatzkrimi im Viertelfinale gab Craig Tiley mit seiner Entscheidung auch Recht.

Murray dagegen traf erst im Achtelfinale auf den ersten Gegner, der ihm hätte gefährlich werden können. Doch Gilles Simon war vom fünfstündigen Überlebenskampf in der Runde zuvor so geschwächt, dass gar nicht sicher war, ob der Franzose gegen Murray überhaupt antreten würde. Bei Jeremy Chardy verhielt es sich im Viertelfinale ähnlich, und die Partie verlief dann auch so einseitig wie eintönig für Murray. Der Leckerbissen für die Zuschauer spielte sich danach eben wieder mit Federer in der Rod-Laver-Arena ab. Murray schaute nicht zu, er verzog sich während des Matches mit Lendl nebenan in die Hisense-Arena, um zumindest unter Abend-Atmosphäre zu trainieren. „Manchmal arbeitet der Spielplan für dich, manchmal gegen dich“, sagte Murray, „man muss sich eben anpassen.“ Wenn Federer und Murray am Freitag darum kämpfen, wer am Sonntag gegen Novak Djokovic um den Titel spielt, gibt es keine Geheimnisse, und vielleicht sind gerade deshalb die kleinen Nickeligkeiten ein probates Mittel. Sie spielen zum 20. Mal gegeneinander, im vergangenen Jahr schlug Federer Murray im Finale von Wimbledon, danach revanchierte sich der Schotte im Spiel um Gold bei Olympia in London. Federer hat längst registriert, was Murray verbessert hat: „Lendl hat viel mit ihm geredet, ihn selbstbewusster gemacht. Andy spielt jetzt offensiver, ich erwarte ein hartes Match.“

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