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AUSWÄRTS Spiel: VfB Stuttgart II – FC Ingolstadt 0:1

11. August, Regionalliga Süd, 1000 Fans: Ex-Herthaner Zecke unter Polizeischutz

Es ist kurz nach zwei, der Ball rollt über den saftig-grünen Sportplatz neben dem Gottlieb-Daimler-Stadion, da bricht es lauthals aus den VfB-Fans auf der Tribüne heraus: „Du Penner!“ Die schimpfenden 40 Männer gehören zur Stuttgarter Fanszene, und sie haben einen Spieler des FC Ingolstadt im Visier, der an diesem Nachmittag gar keine Fußballklamotten trägt: Andreas Neuendorf, 32, Künstlername „Zecke“ – und letzte Saison noch Profi bei Hertha BSC in Berlin.

In dieser Sekunde ahnt Neuendorf, der verletzt ist und seine neuen Kollegen in Zivil unterstützen will, dass ihn seine Vergangenheit einholt. Stuttgarter und Herthaner mögen sich nicht besonders, und Neuendorf war der kesse Publikumsliebling in Berlin. Irgendwer muss vorher die seltsame Geschichte gestreut haben, „Zecke“ habe sich mal vor johlenden Hertha-Fans mit einem VfB-Trikot den Hintern abgewischt und dieses dann zerrissen. „Pfff, das ist doch absoluter Schwachsinn!“, sagt Neuendorf dazu. (Ja, er hat mal wütend ein Trikot während des Spiels zerrissen, aber das war sein eigenes – von Hertha).

An diesem Samstag aber während des Regionalliga-Spiels lässt sich das nicht klären. „Die 40, 50 Leute stürmten auf mich, als ging es um Leben oder Tod“, erzählt er. Neuendorf blieb aus Trotz stehen, Ordner eilen herbei, Polizisten schützen den Ingolstädter. Neuendorf (in Berlin aufgewachsen mit einem, sagen wir mal, schlagkräftigem Freundeskreis) sagt: „Die wollten mir Angst einjagen – aber ich lass mich doch nicht verjagen.“ Früher hatte er ja auch keine Angst vor seinem knorrigen Manager Dieter Hoeneß.

Das Ergebnis auf dem Rasenplatz trägt nicht gerade zur Entspannung auf den Tribünen bei, in der 28. Minute erzielt Ingolstadt das 1:0. Zur Halbzeit kommt die Polizei zu ihm, bittet darum, er solle bloß ruhig bleiben. „Da hatte ich die Schnauze voll“, sagt Neuendorf. Er fuhr heim. „Ich wollte doch nur Fußball gucken.“ Immerhin: Er hat in der zweiten Halbzeit nichts verpasst. Im Auto ballt er die Faust: „Auswärtssieg!“ Mit Hertha ist ihm das in Stuttgart zuletzt ja nicht sehr oft gelungen. André Görke

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André Görke

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