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Sport: Auswärtssieg zu Hause

Deutschland besiegt die von vielen Fans angefeuerte Türkei verdient 3:0 und punktet perfekt für die EM

Berlin - Die Choreografien des offiziellen Fanklubs der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bestechen in der Regel nicht durch ihre intellektuelle Brillanz. Sie sollen einfach gut aussehen, mehr nicht. Gestern aber, beim EM-Qualifikationsspiel gegen die Türkei im Berliner Olympiastadion, erfüllte die Choreografie noch einen anderen wichtigen Zweck. Sie sollte dem deutschen Team Mut machen: Mit schwarzen Papptafeln schrieben die Fans in der Ostkurve ein fettes „Heimspiel“ auf weißen Grund. Die Realität schien etwas anderes vorzugaukeln. Der Anhang der Türken war stimmlich klar überlegen. Auf dem Feld aber stimmten die Verhältnisse vom Anfang bis zum Ende. Die Deutschen dominierten, gaben das Tempo vor, und das war für die Türken oftmals deutlich zu hoch. Am Ende siegte die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw völlig verdient mit 3:0 (1:0). Die deutschen Fans hatten doch noch ihren Spaß. „Auswärtssieg!“, riefen sie kurz vor Schluss.

Selbst der deutsche Kapitän konnte nicht ganz glauben, wie stark die deutsche Elf aufgetreten war. „Es ist beeindruckend, wie die Mannschaft imMoment spielt“, sagte Philipp Lahm.

Guus Hiddink, der Trainer der Türken, hatte vor dem Spiel einen Abend mit hohem Unterhaltungswert angekündigt. Beide Mannschaften beherrschen das schöne Spiel, beide Trainer bevorzugen den attraktiven Fußball; im Olympiastadion aber war der allein von den Deutschen zu sehen. Sie spielten frei von Zweifeln, attackierten die türkischen Verteidiger oft tief in deren Hälfte, gingen aggressiv in die Zweikämpfe und trugen damit dazu bei, dass die Türken sich nie ihrer Nervosität entledigen konnten. Hiddinks Team wirkte erstaunlich fahrig.

Der Holländer hatte eigens Sabri Sarioglu von rechts nach links in die Viererkette verschoben, um die starke deutsche linke Seite mit Philipp Lahm und Thomas Müller besser in den Griff zu bekommen. Doch genau über diese Seite bereiteten die Gastgeber ihre erste gute Möglichkeit vor, nachdem Sarioglu Müller tief in der türkischen Hälfte völlig aus den Augen verloren hatte. Müllers Flankenball konnte Miroslav Klose jedoch nicht aufs türkische Tor platzieren.

Das Team von Joachim Löw ließ in der ersten Halbzeit keine nennenswerte Offensivaktion der Türken zu. Dass Löw mit Bastian Schweinsteiger seinen entscheidenden Ordnungsfaktor ersetzen musste, fiel nicht weiter auf. Wie erwartet spielte Toni Kroos neben Sami Khedira im zentralen Mittelfeld. Für die zweite vakante Position, links in der Vierer-Abwehrkette, hatte der Bundestrainer Heiko Westermann dem gebürtigen Berliner Jerome Boateng vorgezogen. Insgesamt verteidigte die deutsche Abwehr seriös und abgeklärt: Die wenigen Bälle, die von den Türken in die Spitze kamen, liefen Per Mertesacker und Holger Badstuber souverän ab. Torhüter Manuel Neuer bekam vor der Pause keinen Ball auf sein Tor.

Auch die Deutschen erarbeiteten sich keine Torchancen en masse, aber sie hatten das Geschehen jederzeit unter Kontrollen. Es dauerte allerdings bis gut fünf Minuten vor der Pause, ehe sich die Überlegenheit auch im Ergebnis niederschlug. Nach einer weiten Flanke von Kapitän Philipp Lahm gewann Thomas Müller das Kopfballduell gegen zwei Gegenspieler, Demirel lenkte den Ball gegen die Latte, von dort sprang er an den Pfosten – den Abpraller stubste Klose mit dem Kopf zum 1:0 für den WM-Dritten über die Linie. Für den Münchner war es im 104. Länderspiel das 56. Tor. Und wieder einmal ein höchst wichtiges.

Nach drei Spielen steht Löws Mannschaft souverän an der Spitze der Gruppe A. „Neun Punkte – das ist ein perfekter Start, mehr geht nicht“, sagte Lahm.

Kurz nach der Pause ermöglichte ein Fehler von Lukas Podolski den Türken ihre erste gute Chance. Nach einem Ballverlust des Kölners schalteten die Gäste schnell, der Ball landete bei Halil Alintop am Fünfmeterraum, der Frankfurter scheiterte aber am grandios reagierenden Neuer. Die Türken wurden mutiger, dadurch bot sich den Deutschen mehr Raum, sie kamen zu Chancen – und in der Schlussphase durch Mesut Özil und erneut Klose, nach einem Zuspiel des türkischen Torhüters, zu zwei weiteren Toren.

So hatten am Ende zwei Serien Bestand: Im fünften Spiel gegen die deutsche Nationalelf kassierte Guus Hiddink die fünfte Niederlage. Joachim Löw hingegen hat als Bundestrainer noch nie ein Auswärtsspiel verloren – nicht einmal in Berlin.

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