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Affenzahn. Das Petit Le Mans ist spektakulär.

© Jürgen Tap/hochzwei

Autorennen Petit Le Mans in den USA: PS und Pathos

80 000 Zuschauer feiern jedes Jahr das Petit Le Mans im US-amerikanischen Atlanta. Warum es "kein besseres amerikanisches Rennen" gibt, hat Gründe.

Von Sabine Beikler

Die beiden Männer haben es sich in Halbschalensitzen im Gras gemütlich gemacht, starren auf den Monitor und steuern in einem Simulator die Sportwagen durch Kurven und Schikanen. „Hey Mann, hast Du noch ein Bier?“, fragt einer in die Gruppe von 20 Männern hinein. Matt, John und die Freunde haben ihre Wohnwagen und Zelte schon Tage vor dem legendären Rennen Petit Le Mans auf dem „Spectator Hill“ aufgebaut und genießen das alljährliche Wiedersehen. „Es gibt kein besseres amerikanisches Rennen“, sagt IT-Mann Matt. „Es ist spannend, die Fans sind freundlich, und wir haben alle eine gute Zeit hier.“

Die 80 000 Zuschauer, die jedes Jahr zum Petit Le Mans auf der Rennstrecke Road Atlanta kommen, sind Fans der amerikanischen IMSA-Rennserie. Statt wie im Oval bei einem Nascar-Rennen zu fahren, müssen die Piloten auf der Road Atlanta in Braselton im US-Bundesstaat Georgia eine 4,088 Kilometer lange Strecke bergauf, bergab mit Schikanen, Geraden und nicht einsehbaren Kurven bewältigen. Es ist kein einfacher Kurs, er ist schnell, erfordert Präzision und höchste Konzentration. Und ist deshalb bei den Rennfahrern beliebt. „Wir sind fit und wollen anspruchsvolle Streckenfahren. Klar, Motorsport ist gefährlich“, sagt der 27-jährige Porsche-Werksfahrer Laurens Vanthoor. „Aber wenn Du das nicht liebst, solltest Du besser Golf spielen.“ Für das Rennen rechnet er sich gute Chancen aus.

Road Atlanta auf der "heißen Runde" kennenlernen

Einen Eindruck von der Road Atlanta auf Einladung von Porsche kann man auf einer „Hot lap“ am Vortag des Rennens erleben. Bei dieser „heißen Runde“ fahren erfahrene Instruktoren mit Beifahrern in hoher Geschwindigkeit die Strecke. Nach der Start- und Zielgeraden geht es mit dem Porsche in eine scharfe Rechtskurve, bergauf und uneinsehbar runter in ein Links-Rechts-Geschlängel, die sogenannte „Essess“. Die Fliehkräfte sind hoch, der Pilot fährt über die Randbegrenzungen, weiter geht's bergauf, bergab durch Kurven auf eine lange Gerade, bei der der richtige Bremspunktgesetzt werden muss, um durch die Schikane zu fahren – oder im Kiesbett zu landen. Es geht weiter bergauf, unter eine Brücke durch und im Affenzahn zurück auf die Start- und Zielgerade.

Eine Runde im Porsche-Serienwagen

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„Hast Du die Fahrt genossen?“, fragt Fahrer John. Die Frage ist natürlich rhetorisch gemeint, während man sich mit einem breiten Grinsen aus dem Sitz schält. Die Parkplätze rund um die Strecke füllen sich, bis zu 15 Meter lange Camper, sogenannte „Motorhomes“, stehen Reihe in Reihe im Infield, wo die Zuschauer das Rennen verfolgen. Die Zuschauer bauen auf den Grashügeln Zelte auf, klappen ihre Stühle mit integriertem Sonnenschutz aus, sitzen darunter oder bruzzeln auf Grills Würstchen und Koteletts. Ein paar coole Jungs haben auf einem Anhänger ihr „Partyboot“ mitgebracht, auf dem sie an Deck ihre Stühle gestellt haben, schwarze Sonnenbrillen tragen und Bier trinken.

In der Fan-Zone präsentieren sich Autohersteller, ein Plastik-Schneemann pustet winzige Schneeflocken in die Luft und wirbt für die „License to chill“ in einem Vergnügungszentrum. Und mit harten Beats in den Ohren kann man Burger, Budweiser, Donuts oder unglaublich süße Eiscreme verzehren. Ein die Jahre gekommenes Riesenrad mit grünen, gelben, blauen und orangenen Gondeln dreht einsam seine Runden. Das Petit Le Mans auf der Road Atlanta findet seit 1998 statt und ist traditioneller Schlusspunkt der IMSA Sports Car Championship, bei der drei Klassen starten, die GT Le Mans, die GT Daytona und Prototypen.

Fokussiert. Die Fahrer des Petit Le Mans sind 24 Stunden gefordert.
Fokussiert. Die Fahrer des Petit Le Mans sind 24 Stunden gefordert.

© Jürgen Tap/hochzwei

Gedenken an Erfinder des Nikotinpflasters, Don Panoz

Ohne Don Panoz, der in diesem Jahr mit 83 Jahren starb, würde es das Rennen nicht geben. Panoz hat nicht nur das Nikotinpflaster erfunden, sondern war auch ein großer Motorsport-Fan. Er investierte in einen eigenen Rennstall, übernahm nach einem Konkurs für einige Jahre die Road Atlanta und war als Fan des europäischen 24-Stunden-Rennen in Le Mans auch 1998 der Initiator des zehnstündigen Petit Le Mans-Rennens. Bevor wie vor jedem amerikanischen Rennstart die amerikanische Nationalhymne ertönte, wurde am Sonntagkurz vor 11 Uhr Ortszeit für Panoz gebetet, und viele Mitglieder von Rennteams trugen Trauerflor an den Armen.

Pathos und Stars and Stripes gehören zu jedem amerikanischen Rennen dazu. Nach einem hartumkämpften zehnstündigen Petit Le Mans kamen in der GT LM-Klasse Laurens Vanthoor, Earl Bamber und Mathieu Jaminet im Porsche 911 RSR auf Platz sechs. Den Sieg in dieser Klasse fuhren im Schwesterauto mit der Startnummer 911 Nick Tandy, Patrick Pilet und Fred Makowiecki ein. Bei den Protoypen siegte Cadillac vor Mazda. Den diesjährigen Titel in der IMSA-Rennserie holte der ehemalige Formel-1-Sauber-Pilot Felipe Nasr.

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