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Sport: Autos und Treffer

Wolfgang Reich gewinnt Fechtturnier „Weißer Bär“

Berlin - Am Ende stellen sich die Männer in den blau-gelben Trainingsanzügen noch einmal auf der Planche auf. Der Ausflug nach Berlin zum Degen-Fechtturnier „Weißer Bär“ war für sie erfolgreich – gleich drei Athleten aus der Mannschaft der Ukraine haben einen Platz unter den ersten acht erreicht. Da die Sonne so schön in die Ausstellungshalle der Mercedes-Niederlassung in Reinickendorf fällt und die Sportler in warmes Licht taucht, stehen gleich drei Trainer mit ihren Digitalkameras vor den Sportlern und versuchen, den Augenblick festzuhalten.

Im Kampf um den Finaleinzug ist Dmytro Kirilenko, der beste Ukrainer, gescheitert. Er unterlag im Halbfinale dem Heidenheimer Wolfgang Reich 14:15. Und Reich, Vize-Weltmeister mit der Mannschaft von 2003, setzte sich im Finale 15:14 gegen Achim Bellmann aus Leverkusen durch. Der 48-jährige Bellmann hatte sogar 14:13 geführt.

Die Ukrainer sind gleichwohl zufrieden. Wahrscheinlich wissen sie nicht, welche Mühe Thomas Gerstmeyer hatte, sie nach Berlin zu holen. Gerstmeyer ist Präsident des Fechtclubs Grunewald, und der veranstaltet dieses Turnier. Seit der Visa-Affäre in der deutschen Botschaft in Kiew sind die Behörden bei der Erteilung von Einreiseerlaubnissen deutlich strenger geworden. „Es reichte nicht aus, der Botschaft ein Fax mit der Einladung nach Kiew zu senden“, sagt Gerstmeyer. Die Botschaft wollte das Original, außerdem eine Kopie von Gerstmeyers Personalausweis sowie eines Auszugs aus dem Vereinsregister.

Doch selbst das reichte den Behörden nicht. Der Klub musste sich schriftlich bereit erklären, im Falle des Visums-Missbrauchs für alle Kosten einer möglichen Abschiebung aufzukommen. Neben Arbeit kostet die rigide Visa-Praxis den Verein auch eine Menge Geld. Sämtliche Schriftstücke mussten mit teuren Expressboten auf den Weg gebracht werden. „Der normale Postweg ist viel zu langsam“, sagt Gerstmeyer.

Aber der Klubchef ging auf alles ein. denn der „Weiße Bär“ ist ein besonderes Turnier. „Ein offenes Turnier“, wie Gerstmeyer sagt. Denn auch Hobbysportler können teilnehmen, sofern sie die Fechtprüfung bestanden haben. Viele Topstars verzichten seit einiger Zeit allerdings auf einen Start. Seit Gerstmeyers Etat zusammengeschmolzen ist und damit auch viele Kosten nicht mehr übernommen werden können, hat der „Weiße Bär“ an Attraktivität verloren. Diesen Mangel an internationalen Größen versucht der Verein mit einem bunt gemischten Starterfeld auszugleichen. 195 Teilnehmer aus mehr als 20 Ländern sind in diesem Jahr nach Berlin gereist.

2005 rechnete sich der große Aufwand nicht. Die Sponsoreneinnahmen blieben hinter den Erwartungen zurück. Sowohl das Korber-Sportzentrum, in dem normalerweise Vorkämpfe ausgetragen werden, als auch das Autohaus waren belegt, so dass die Fechter ausweichen mussten. Die Turnier-Atmosphäre war dann auch nicht besonders gut.

Von düsterer Stimmung ist gestern nichts zu spüren. 200 Zuschauer sitzen auf weißen Plastikstühlen zwischen glänzenden Neuwagen der Oberklasse. Sie klatschen höflich. Nur einmal ertönen nach einer umstrittenen Kampfrichter-Entscheidung Pfiffe. Und in den Pausen gibt’s klassische Musik. Sogar das Programmheft ist zweisprachig. Allerdings nicht in Russisch oder Ukrainisch – sondern in Französisch und Deutsch. Französisch ist die klassische Sprache des Fechtens. Tradition kommt beim „Weißen Bär“ dann doch vor der Zweckmäßigkeit.

Steffen Hudemann

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