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© dpa

Barca gegen Real: Zweikampf um Aufmerksamkeit

Real Madrid und FC Barcelona - das ist ein Duell der Fußballkulturen. Doch mit ihren Stars werden sie sich immer ähnlicher: Was Real Madrid Cristiano Ronaldo ist, ist FC Barcelona der athletische Zlatan Ibrahimovic.

Kein Laufsteg, keine Ehrendelegation, kein Radetzkymarsch – stattdessen nur eine Ehrenrunde im Camp Nou und ein paar Tricks aus dem Repertoire. Die Eventabteilung des FC Barcelona hatte am Montag beträchtliche Energie darauf verwendet, die Präsentation des neuen Stürmers Zlatan Ibrahimovic nicht zu einer zweiten Cristiano-Ronaldo-Show werden zu lassen. Nicht einmal die Zahl der jubelnden Fans wollte der Klub bis spät in die Nacht bestätigen. 60 000 waren es. Dennoch: Im Kern ähneln sich die Deals. Was dem Konkurrenten Real Madrid „CR9“, ist FC Barcelona der athletische „Ibra“: Eine fast zwei Meter große Werbeikone, die umgehend in die sommerliche Verwertungsmaschinerie eingespeist werden soll – trotz Verletzung.

Ibrahimovic, der sich bei seinem letzten Auftritt für Inter Mailand den Mittelhandknochen gebrochen hat, verbrachte den ersten Tag in Katalonien im Operationssaal und reist bereits heute zum restlichen Team in die USA. Time is money, vor allem für Hauptsponsor Nike: Der Sportartikelhersteller startet eine ganz auf den Neuen zugeschnittene Kampagne mit dem Slogan: „Ibracadabra“. Dabei schien es doch nach dem Weggang Ronaldinhos 2008 so, als habe der FC Barcelona für immer der Verehrung von Solo-Künstlern abgeschworen.

Genüsslich haben die Madrider Sportzeitungen dem katalanischen Verein vorgerechnet, dass „Ibra“ den Verein ähnlich viel gekostet hat wie Real Madrid Cristiano Ronaldo; zu den vereinbarten 45 Millionen Euro Ablösesumme kommt noch der Verlust Samuel Eto''os, dessen Wert die Katalanen konservativ auf 20 Millionen Euro, alle anderen auf 35 Millionen schätzen und der Verleih von Alexander Hleb. Zwar hat sich der Ex-Stuttgarter mit dem Deal noch nicht einverstanden erklärt, doch auch ohne ihn ist die Summe gigantisch, galaktisch sozusagen. Dabei behaupten die Katalanen doch sonst so gerne von sich, Fußball eben nicht mit dem Scheckheft in der Hand zu spielen.

Mag halb Asien weiße Trikots tragen, mögen die Spielerfrisuren von Real Madrid zu den meist kopierten Haartrachten zählen, wir werden wegen unseres unverwechselbaren Stils geschätzt: Das war die Formel, auf die der Traditionsklub sein Selbstverständnis gerne brachte. Und tatsächlich wurde das offensive Kurzpassspiel, mit dem das Dream Team des niederländischen Trainers Johan Cruyff zu Beginn der Neunzigerjahre viermal hintereinander die Meisterschaft und den ersten Europapokal gewann, so etwas wie das Markenzeichen des Klubs – und die ebenfalls unter Cruyff intensivierte Nachwuchsförderung zum Vorbild.

Zuletzt funktionierte die Jugendschule des FC Barcelona wie ein Perpetuum Mobile, das dem Verein Kosten ersparte und für die Weitergabe des klubeigenen Stils sorgte; Cruyffs Zögling Pep Guardiola, der nun der Trainer ist, ist dafür das beste Beispiel. Eigentlich gab es keinen Grund, von diesem Modell zu lassen. Bis auf einen: Aufmerksamkeit. Und die ist im Eventsport Fußball bares Geld. Bereits in der Sommerpause hatte Spanien den Triple-Sieger vergessen, alle Blicke richteten sich gen Madrid, wo Florentino Pérez nach den Galaktischen I (mit David Beckham) nun die Galaktischen II (mit Cristiano Ronaldo) aus dem Hut zauberte.

Ein Modell, das nebenbei bemerkt weniger modern ist als es scheint: Denn genau genommen führt Pérez nur fort, was Santiago Bernabeu in den 50er Jahren begonnen hatte. Für die im verarmten Spanien unvorstellbare Summe von 5,75 Millionen Peseten machte er dem katalanischen Konkurrenten Alfredo di Stéfano abspenstig, kaufte anschließend alle Talente ein, derer er habhaft werden konnte und baute ein Stadion, in dem allein wegen der schieren Größe Fußball zum Spektakel werden musste.

In diesem System stehen sportliche Überlegungen schon einmal hinten an. Im Glauben, mit Eto''o vor dem regulären Vertragsende Geld verdienen zu können, hatte der FC Barcelona ihn zum Verkauf freigegeben. Die Hoffnung hat sich nicht erfüllt, das barcelonische Sommertheater endete mit einem teuren Tauschgeschäft. Und der erhofften Aufmerksamkeit. Samuel Eto’o wurde in Mailand nicht von 60 000 Fans begrüßt. Bei ihm kamen gerade mal 500.

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