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Sport: Barrichello bremst erst im Ziel

Von Hartmut Moheit Nürburgring. Diesmal blieb das Signal vom Ferrari-Kommandostand aus.

Von Hartmut Moheit

Nürburgring. Diesmal blieb das Signal vom Ferrari-Kommandostand aus. Ross Brawn biss genüsslich in eine Banane, Jean Todt sagte ebenfalls nichts ins Mikrofon – Rubens Barrichello, bedeutete das, darf siegen. Der Technische Direktor und der Teamchef hatten ihr Okay beim Großen Preis von Europa auf dem Nürburgring gegeben, und WM-Spitzenreiter Michael Schumacher, hinter Barrichello liegend, akzeptierte diese Entscheidung sofort. Anders als noch im Rennen in Österreich, wo er an seinem Teamkollegen auf den letzten Metern vorbeizog – weil Barrichello auf Befehl bremsen musste. Anschließend waren unzählige Ferrari- und sonstige Formel-1-Fans wütend.

Am Nürburgring blieb der Formel 1 am Sonntag ein erneuter Skandal erspart. Über die Vorgänge von Österreich wird dennoch am Mittwoch der Weltverband Fia in Paris verhandeln. Eine Wiederholung des unwürdigen Theaters war aber durchaus zu erwarten. Schließlich hatten Brawn und Todt nach dem Österreich-Grand-Prix getönt, dass sie in einer „ähnlichen Situation der Stallregie zugunsten Schumachers erneut den Vorrang geben würden“. Obwohl sie diesmal darauf verzichteten, wurde auch nach dem Rennen, das fast ausschließlich im Zeichen von Ferrari stand, weiter diskutiert. Während die einen von „ausgleichender Gerechtigkeit“ (Ex-Weltmeister Niki Lauda) sprachen, schüttelten andere erneut nur den Kopf.

So richtig nach Feiern war niemandem zumute, denn zu offensichtlich wurde auch am Nürburgring, dass die Formel 1 durch die Zweiklassen-Gesellschaft an Image verliert. Im Jubel der Ferrari-Fans bei dem Rennen, das offiziell von 150 000 Zuschauern besucht wurde (eine inoffizielle Schätzung lag bei 100 000), ging fast unter, dass Ferrari mit der Konkurrenz erneut nur ein Spiel betrieben hatte. Nur diesmal auf subtilere Weise. Denn Schumacher behauptete ernsthaft, zwischen Barrichello und ihm habe es „einen harten Kampf“ gegeben. „Kurz vor dem ersten Boxenstopp hatte ich in der RTL-Kurve einen Dreher, der mich zurückwarf. Später habe ich alles versucht, aber es hat nicht mehr gereicht“, sagte er. Dass der Weltmeister nach dem ersten Stopp in der 25. Runde sehr bald seinen Rückstand auf Barrichello aufgeholt hatte und später viele Runden lang mit einem Abstand von 0,7 bis eine Sekunde hinter dem Brasilianer fuhr, das erzeugte jedoch einiges Misstrauen. Anders gesagt: Schumacher war der schnellste Mann im Rennen, aber er wollte wohl nicht wirklich überholen. Diesen Eindruck konnte man bekommen. Diesmal sollte wohl Rubens Barrichello, der zuletzt so Gedemütigte, siegen. Schumachers Vorsprung in der WM-Wertung ist ohnehin groß genug.

Bei diesem Spiel konnte sich die Konkurrenz erneut nur neidisch die Augen reiben. Wenn sich wenigstens die Trainingsschnellsten, Juan Pablo Montoya und Ralf Schumacher, jeweils in ihrem BMW-Williams am Start einmal einig gewesen wären, dann hätte es vielleicht anders aussehen können. Aber Ralf Schumacher schoss nach vorn, Montoya kam bei diesem Manöver in Schwierigkeiten, und Ferrari wurde es damit in der Folge noch leichter gemacht. So wurde am Nürburgring für viel Geld nur ein Ferrari-Formationsfahren geboten. Am Ende waren nur noch Kimi Räikkönen im McLaren-Mercedes, Ralf Schumacher und Jenson Button (Renault) einigermaßen in Reichweite der Ferraris. Räikkönen wurde Dritter, Ralf Schumacher Vierter, Button Fünfter.

Und Montoya? Und David Coulthard im McLaren-Mercedes? Ausgeschieden, beide. Als Coulthard den BMW in der 28. Runde überholen wollte, geriet Montoya auf den Randstreifen, drehte sich und drückte Coulthard mit ins Aus. Es war ein klarer Fehler des aggressiven Kolumbianers. Doch der betrachtete sich als Unschuldigen („Wo sollte ich denn hin"), während Coulthard ein paar Streicheleinheiten von Mercedes-Sportchef Norbert Haug bekam.

Für Haug war Räikkönens dritter Platz erfreulich, schließlich landete der Finne vor dem BMW-Williams-Fahrer Ralf Schumacher. Damit ist die Konstrukteurs-WM wieder etwas spannender geworden. Es geht um den zweiten Platz hinter Ferrari. Und dieser Kampf ist das spannendste Duell, das die Formel 1 in den letzten Rennen der Saison zu bieten hat.

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