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Seltener Versuch. In der Offensive fehlt es dem deutschen Team noch an Spielern, die Verantwortung übernehmen wie hier Teamkapitän Heiko Schaffartzik (mit Ball).

© dpa

Basketball: Das deutsche Nationalteam sucht nach Ordnung

Eine Woche vor der EM präsentiert sich die deutsche Basketball-Mannschaft noch nicht turniertauglich. Vor allem am neuen Trainer Frank Menz gibt es erste zarte Kritik.

Ingo Weiß hört am Mittwochmorgen auf dem rechten Ohr schlecht. „Es ist nicht so schlimm“, sagt der Präsident des Deutschen Basketball-Bundes (DBB) und steht im Hauptstadtbüro kurz wieder auf: „Ich muss noch einen Arzttermin ausmachen.“ Die seltsamen realitätsfremden Aussagen seines Bundestrainers aber hat er akustisch sehr wohl vernommen, sie waren ja schon am Sonntag gefallen. „Großartig“, „fast sensationell“ und „super“ hatte Frank Menz über die Niederlage gegen Griechenland (62:78) gesagt – dabei landete die deutsche Nationalmannschaft damit beim Supercup erstmals seit zwölf Jahren sieglos auf dem letzten Platz.

„Svetislav Pesic oder Dirk Bauermann wäre das nicht passiert, sie hätten andere Worte gewählt“, sagt Ingo Weiß. Er führt die ungewöhnlichen Aussagen des neuen Bundestrainers auch auf dessen Unerfahrenheit im Umgang mit den Medien zurück. „Wir haben in Frank Menz einen exzellenten Trainer, aber natürlich muss er sich auch erst noch finden.“

Das passt zur aktuellen Situation der deutschen Nationalmannschaft. Die von zehn Absagen geschwächte Mannschaft befindet sich vor der Europameisterschaft in Slowenien (4. bis 22. September) ebenfalls noch in der Findungsphase. „Die Verunsicherung im Team sehe ich auch, die Jungs kommen ein bisschen schwer in Tritt“, sagt Ingo Weiß. Obwohl bereits zehn Vorbereitungsspiele absolviert sind, rätseln die Verantwortlichen immer noch, wo die junge Mannschaft mit dem vergleichsweise unerfahrenen Bundestrainer steht. Ingo Weiß erhofft sich Aufschluss vom letzten Testspiel am Freitag in Bamberg gegen Schweden. „Das ist der Gradmesser“, sagt er, „da kann ich sehen, was Sache ist.“ Im Vorjahr hatte das deutsche Team in der Qualifikation noch zweimal gewinnen können.

DBB-Präsident Ingo Weiß.
DBB-Präsident Ingo Weiß.

© picture alliance / dpa

Es ist allerdings auch klar, dass Frank Menz eine undankbare Aufgabe bewältigen muss. „Wir haben einen Neuanfang gewagt“, sagte der DBB-Chef, „daher ist klar, dass ich nicht sofort Wunder erwarten kann.“ Der Bundestrainer muss nun aus der zweiten Reihe der deutschen Nationalspieler für die EM eine wettbewerbsfähige Mannschaft formen. In einer Gruppe mit Ukraine, Frankreich, Großbritannien, Belgien und Israel will die deutsche Mannschaft drei Gegner hinter sich lassen, um die Zwischenrunde zu erreichen. Vor allem aber soll Frank Menz ein Team für die EM 2015 aufbauen.

Doch auch nach zehn Testspielen kristallisiert sich keine Ordnung und Hierarchie heraus, in der Offensive gibt es kaum einen, der Verantwortung übernehmen will. Eine Rolle, die für die Erfahreneren wie Heiko Schaffartzik, Robin Benzing, Timo Pleiß oder Lucca Staiger vorgesehen war. „Es fehlt ein Killer im Team“, sagt Ingo Weiß, „einer, der den Ball in die Hand nimmt und 30 Punkte macht.“ Das Team befindet sich nach gutem Beginn seit dem Spiel gegen den Olympiazweiten Spanien (54:85) im Tief. „Wenn wir aus dieser Talsohle rauskommen, wenn die Spieler jetzt das Feuer in den Augen haben und den Ernst der Lage erkennen, dann bin ich zufrieden“, sagt Ingo Weiß.

Doch einer ist schon jetzt unzufrieden. Power Forward Johannes Lischka wurde während des Supercups aus dem Kader gestrichen und machte aus seinem Ärger keinen Hehl. Die EM werde er sich nicht im Fernsehen ansehen, sagte er. Auf Facebook schreibt er über seine Rückkehr nach Tübingen: „Ich freue mich, wieder für einen Trainer zu spielen, der mich sowohl menschlich als auch spielerisch schätzt und mich mit dem gleichen Respekt behandelt wie ich ihn.“ Diese Kritik am Bundestrainer nimmt Ingo Weiß nicht allzu ernst. „Wenn ein noch nicht gestandener Nationalspieler an der Philosophie des Bundestrainers kratzt, muss der Spieler selber damit klarkommen“, sagt er.

Nach dem Schweden-Spiel wird der Bundestrainer noch einen weiteren Spieler streichen – Nicolai Simon, Karsten Tadda oder Bastian Doreth gelten als Kandidaten. Bis Mittwoch aber muss die Findungsphase beendet sein, dann muss das Team einen Schritt weiter sein, betont auch der DBB-Präsident. „Wenn ich den Gipfel erklimmen will, muss ich nach der EM auf der Mittelstation sein“, sagt Ingo Weiß, „wenn das Lager immer noch im Tal aufgeschlagen ist, dann ist auch am System was falsch.“

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