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Basketball: Der Himmel ist die Grenze

Mit ihrem neuen Superstar Kevin Garnett wollen die Boston Celtics an glorreiche NBA-Zeiten anknüpfen.

Von Markus Hesselmann

Mit Badelatschen an den großen Füßen schlappt Kevin Garnett in den Presseraum und faltet seine Zwei-Meter-elf hinter den Tisch auf dem Podium. Neben ihm sitzt Ray Allen. Die beiden Basketballer beginnen ein Gespräch im Flüsterton. „Geben Sie uns eine Sekunde, bitte“, sagt Garnett höflich zu den wartenden Journalisten und wendet sich wieder Allen zu. Die kurze private Spielanalyse unter Superstars kann nicht warten. „Wir haben gut gespielt“, sagt Ray Allen bald darauf laut in den Saal. Garnett wiegt dazu zweifelnd den Kopf und verzieht leicht den Mund. Der wichtigste Mann im Team ist nicht ganz überzeugt vom 92:81-Sieg der Boston Celtics über die Minnesota Timberwolves. Vor allem dank Garnett darf sich Rekordmeister Boston nach Jahren des Misserfolgs in der kommenden Saison der amerikanischen Profiliga NBA zum Favoritenkreis zählen. Zum Abschluss ihrer kurzen Europatournee spielten sie vergangene Woche vor gut 18 000 Zuschauern in der ausverkauften O2-Arena in London gegen Minnesota – die alte Mannschaft von Kevin Garnett.

In seiner letzten Saison bei den Timberwolves, seiner zwölften für den Klub aus Minneapolis, war Garnett mit den meisten Punkten, Rebounds, Steals, Blocks und Spielminuten einmal mehr der alles überragende Spieler seines Teams. Der 31 Jahre alte Forward gilt als bester Allrounder der NBA und ist mit fast 24 Millionen Dollar Jahresgehalt auch beim Geld der führende Mann. Jetzt soll Garnett die Renaissance der Celtics begründen. Fünf Spieler gaben die Celtics im Tausch für ihn an die Timberwolves ab. Fiel ihm der Wechsel nach all den Jahren schwer? „Boston ist ein neues Kapitel in meinem Leben. Und drüben in Minnesota läuft jetzt ohnehin ein ganz anderes Team auf“, sagt Garnett.

In Boston ist Garnett nicht mehr der einzige Superstar. In der neuen Saison, die in zwei Wochen beginnt, ist er noch stärker als Teamspieler gefragt. „Sie spielen den Ball ohne jeden Egoismus ab“, sagt Celtics-Trainer Doc Rivers über seine Stars. Der Ball lande immer in den Händen des Spielers in der aussichtsreichsten Position. „Kevin ist unzufrieden, wenn seine Mitspieler zu wenig punkten.“ Gegen Minnesota überließ er Ray Allen die höchste Punktzahl (28). Garnett selbst machte vergleichsweise bescheidene neun Punkte. Allen, der zur neuen Saison aus Seattle kam, und Garnett treffen in Boston auf Paul Pierce, den langjährigen Leistungsträger der Celtics. Mit ihm sollen sie an die Geschichte eines anderen großen Trios anknüpfen: Larry Bird, Kevin McHale und Robert Parish.

Die Celtics waren mit den Los Angeles Lakers die NBA-Helden, als sich in den Achtzigern die ersten deutschen Sportfreaks für die amerikanische Profiliga zu interessieren begannen. Kanzler Kohl hatte den Deutschen gerade das Privatfernsehen geschenkt, und da waren auf einmal bewegte Bilder von Magic Johnson, Kareem Abdul Jabbar und Larry Bird zu sehen. Johnson und Jabbar waren mit den Lakers die Hauptkonkurrenten der Celtics, Bird war Bostons Idol. Michael Jordan war damals auch schon ein Star, doch die große Zeit seiner Chicago Bulls begann erst in den Neunzigern. Jordan, Johnson und Bird gehörten 1992 zum Dream-Team, das bei den Olympischen Spielen in Barcelona Gold für die USA holte und die NBA endgültig zur Liga für die ganze Welt machte.

Die Celtics haben seit 1986 nichts mehr gewonnen, führen aber mit 16 Titeln immer noch die Ehrenliste der NBA an. Und was erwarten sie von der neuen Saison? „The sky ist the limit“, sagt Doc Rivers, der Himmel ist die Grenze. Das sagen notorisch optimistische amerikanische Sportstars allerdings immer. Zum Beispiel auch Kevin Garnetts früherer Teamkamerad Ricky Davis. Ein britischer Reporter hatte ihn allerdings nicht nach den Aussichten der Timberwolves gefragt, sondern nach einer Botschaft für alle jungen Basketballer in Großbritannien.

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