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Nowitzki

© ddp

Basketball: Der Traum vom Boom

Die Nationalmannschaft prägt seit Jahren das Auf und Ab des deutschen Basketballs. Olympia könnte das Team wieder ins Rampenlicht rücken.

Eine der Sternstunden des deutschen Basketballs war eine Klatsche. 1992 ging die deutsche Nationalmannschaft bei den Olympischen Spielen in Barcelona 68:111 gegen die USA unter – doch die 43-Punkte-Niederlage löste einen Boom der Sportart in Deutschland aus. Schuld daran waren allerdings weniger die Deutschen als der Gegner, das spektakuläre amerikanische Dream Team mit Profis aus der NBA, die ihre Spitznamen wie „Air“, „Magic“ oder „The Glide“ völlig zu Recht trugen. Als die Deutschen im Jahr darauf im eigenen Land völlig überraschend Europameister wurden und Zehntausende Kinder und Jugendliche in die Vereine und auf die Streetballplätze drängten, schien nichts den Siegeszug des Sports aufhalten zu können. Doch es kam anders. Und scheitert die Nationalmannschaft in der heute für sie beginnenden Qualifikation für die Olympischen Spiele, wäre das eine weitere verpasste Großchance für die Sportart hierzulande.

Denn selbst mit Dirk Nowitzki, dem wohl einzigen weltberühmten aktiven deutschen Sportler, muss Basketball weiter um Aufmerksamkeit kämpfen. „Wir befinden uns in einer Wellenbewegung“, sagt Ingo Weiss, Präsident des Deutschen Basketball-Bundes. „Die Nationalmannschaft ist immer ein Spiegel der Verbandes.“ Ein Sieg heute (Spielbeginn 14.30 Uhr, live im DSF) gegen die Kapverdischen Inseln, die gestern 50:77 gegen Neuseeland verloren, würde immerhin bereits den Einzug ins Viertelfinale bedeuten.

Olympia könnte die Mannschaft von Trainer Dirk Bauermann nach langer Zeit wieder einmal ins Rampenlicht rücken. Zuletzt war das 1993 der Fall. Damals stampften Sportartikelfirmen riesige Streetball-Veranstaltungen aus dem Boden. „Diesen Aufschwung hat auch die Liga gespürt“, sagt Dirk Kaiser von der Basketball-Bundesliga (BBL). Plötzlich war der Sport auch im Fernsehen präsent, das Auftreten der Nationalmannschaft hatte daran einen großen Anteil. „Entscheidend war aber auch ein generelles Interesse für den Sport, seinen Style, seine Kultur und seine Vorbilder“, sagt Oliver Brüggen vom damals größten Streetballförderer Adidas. Basketball und die dazugehörige Mode waren cool. Doch nichts ist im Sport cooler als Erfolg. Und der blieb aus. Während der Sport als Trend und Werbeträger florierte, verschwand die Nationalmannschaft wieder in der Bedeutungslosigkeit. Die EM 1995 schloss Deutschland als Titelverteidiger auf Rang zehn ab, ein zwölfter Platz folgte 1997. Der einzige deutsche NBA-Spieler Detlef Schrempf erholte sich in seiner Sommerpause lieber von der langen Saison, als für die Nationalmannschaft aufzulaufen. Bei der WM 1994 wurde das Team Zwölfter, für die WM1998 gelang nicht einmal die Qualifikation, genauso wenig wie für die Olympischen Spiele 1996, 2000 und 2004.

Das führte dazu, dass auch das Fernsehen das Interesse weitgehend verlor, heute kann man die BBL hauptsächlich im Internet verfolgen. Nach einer Erhebung des Branchenexperten „Sport + Markt“ lag Basketball 2007 in der Rangliste der beliebtesten TV-Sportarten in Deutschland lediglich auf Rang 15. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) führte den DBB 2007 als 19.-größten nationalen Verband, mit deutlich weniger Mitgliedern als die Verbände der Sportarten Badminton, Tanzen oder Tischtennis.

Dabei war zwischen 1993 und 1996 die Zahl der Vereinsbasketballer von rund 112 000 auf knapp 150 000 gestiegen. Klubs mussten Kinder abweisen, weil es nicht genug Trainer und Hallen gab. Nach 1998 sank die Mitgliederzahl des DBB wieder. „Die Nachfrage hängt natürlich von Erfolgen und von der Fernsehpräsenz ab“, sagt Weiss. Den Vorwurf, man habe den Trend verschlafen, lässt er sich aber nicht gefallen. „Es wurde alles Menschenmögliche getan“, sagt Weiss, „irgendwann waren die Hallen eben voll. Man konnte nicht mehr tun.“ Und die Nationalmannschaft konnte niemanden mehr begeistern – zumindest bis Dirk Nowitzki auftauchte.

Mit Nowitzki erreichten die deutschen Basketballer das EM-Endspiel 2005 und wurden bei der WM 2002 Dritter, bei beiden Turnieren wurde der Deutsche zum wertvollsten Spieler (MVP) gewählt. Doch gerade der überraschende Erfolg bei der WM 2002 in den USA ging aufgrund des Zeitunterschieds an der großen Fernsehöffentlichkeit vorbei, von Nowitzkis Popularität profitierte eher die NBA als der deutsche Basketball.

In Peking könnte Deutschland wieder auf ein amerikanisches Dream Team treffen, die Aufmerksamkeit wäre groß. Der Unterschied zu 1992 ist: Deutschland hätte dieses Mal sogar eine Außenseiterchance.

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