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Entspannt euch! Albas Trainer Sasa Obradovic hat kein Problem mit den Fans in Deutschland – zu Hause in Serbien hat er schon ganz andere Sachen erlebt.

© picture alliance / dpa

Basketball-Fankultur in Deutschland: Und wo sind die Schusswaffen?

In den deutschen Basketballhallen steigt die Leidenschaft - das war zuletzt auch beim Spiel von Alba Berlin gegen den FC Bayern zu sehen. Vom südeuropäischem Niveau ist die BBL aber noch weit entfernt.

Das Kreuz wird am Samstag wohl zu Hause bleiben, es war ja auch keines, wie die Basketball-Bundesliga am Donnerstag offiziell festgestellt hat. „Nach unserer Auffassung handelt es sich um eine laienhaft gefertigte Halterung“, sagte Jan Pommer, Geschäftsführer der Basketball-Bundesliga und inzwischen auch Spezialist für Kreuze und laienhaft gefertigte Halterungen. Abgesehen aber von der Halterung soll im Bundesligaspiel von Alba Berlin gegen Ulm (19 Uhr, Arena am Ostbahnhof, live bei Sport1) alles wieder so werden wie gegen den FC Bayern.

„Ich hoffe, dass die Unterstützung die gleiche sein wird“, sagt Albas Trainer Sasa Obradovic, „wir hatten von der ersten Minute bis zur letzten sechs Spieler auf dem Platz.“ Die Fans spüren seiner Meinung nach zurzeit, dass sich die aktuellen Spieler mit dem Verein identifizieren. Unterstützung können die Berliner gegen die Ulmer gut gebrauchen, die trotz des Verlustes von Centerspieler John Bryant inzwischen immer besser in Form kommen. Der Sieger aus der Partie der Tabellennachbarn kann sich in Richtung der Spitzengruppe der Bundesliga orientieren.

Tatsächlich hat sich die Fankultur bei Alba in den letzten Jahren verändert. Vor zwölf Jahren tranken die Fans bei einer Auswärtsfahrt nach Breslau noch Kaffee und Hohes C, viele hatten eine Stadtrundfahrt gebucht und ganz, ganz kurzzeitig tönte sogar klassische Musik durch den Fanbus. Nun aber sorgt sich der FC Bayern München nach einem Auswärtsspiel in Berlin um den Fair-Play-Gedanken in der Liga, weil einige Fans der Fangruppe „Block 212“ das Trikot des ehemaligen Berliners Heiko Schaffartzik auf besagte laienhaft gefertigte Halterung gehängt haben.

Mit der Gründung des Fanklubs Block 212 im Jahr 2011 zog nach dem Umzug in die Arena am Ostbahnhof eine neue Fankultur bei Alba ein. Für den Verein kam die Entstehung der neuen Gruppe genau zum richtigen Moment. Engagiert waren die Basketballfans auch schon zu Zeiten der Max-Schmeling-Halle. Nach dem Umzug in die neue Arena konnte die Leidenschaft der alteingessenen Fans jedoch nicht mit dem wachsenden Anteil an Eventpublikum mithalten. Die Entstehung des Fanklubs Block 212 brachte Neurungen mit sich. Die Fans sind jünger, kreativer – und aggressiver. Unfair aber haben sie sich bislang kaum verhalten.

„Die Alba-Fans sind gute Fans, sie sind auch laut“, sagt der Berliner Teamkapitän Sven Schultze, „aber es geht beim Basketball in Deutschland immer noch sehr familiär zu.“ Für Entgleisungen, wie sie der FC Bayern zumindest empfunden hat, sind die Berliner Fans nicht bekannt. „Ist ,Ensminger raus’ auch eine Entgleisung?“, fragt Sven Schultze und meint: „Es ist normal, dass Fans ein Vokabular benutzen, bei dem man den Kindern die Ohren zuhalten muss.“

Sven Schultze muss es wissen, der gebürtige Bamberger und seine Eltern sehen sich seit der Finalserie im Jahr 2011 in seiner Heimat ähnlichen Anfeindungen ausgesetzt, wie sie der Neu-Münchner Heiko Schaffartzik nun in Berlin erleben musste. „In dem Augenblick hat es mich getroffen“, erinnert sich der Berliner Teamkapitän, „aber wenn es die Meinung der Fans ist, dann muss man das so akzeptieren.“

Ligachef Jan Pommer sieht in den jüngsten Ereignissen „keine besorgniserregende Entwicklung“. Auf dem Weg zu Zuständen wie in südeuropäischen Basketballhallen ist die Liga noch lange nicht. „Das ist nicht zu vergleichen mit dem, wo ich herkomme“, sagt Albas serbischer Trainer Sasa Obradovic. Wenn man beim Derby Partizan gegen Roter Stern auflaufe, höre man überhaupt nichts mehr – vor Lärm. „Wie in einer Disco“, sagt Obradovic, „ich habe das öfter erlebt.“ An der Halle von Roter Stern Belgrad war es vor einigen Jahren sogar nötig, den Hinweis anzubringen, dass das Mitbringen von Schusswaffen verboten ist.

Derartige Hinweise sind in Deutschlands Basketballhallen weiterhin überflüssig, auch wenn die Ankunft des FC Bayern in der Basketball-Bundesliga eine neue Qualität von Animositäten brachte. „Die Erlebnisse von Berlin zeigen, dass wir angekommen sind in der Liga“, sagte Präsident Uli Hoeneß auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern, „die Fußballer haben sich daran gewöhnt, das ist etwas, was die Basketballer noch lernen müssen.“

Die Ulmer aber haben nicht wie der FC Bayern vier Ex-Berliner in ihren Reihen. Auch deshalb dürfte es heute zwar laut werden – aber friedlich.

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