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Basketball: Quakenbrück im großen Glück

Der Sieg über Rheinenergie Köln stellte die Basketballer von Quakenbrück vor unerwartete Probleme: "Was sollen wir nächstes Jahr für ein Saisonziel ausgeben? Besser geht es doch gar nicht," meint der Manager des Provinzklubs.

Marko Beens hätte noch zehn Mal nach Köln fahren können, ihm wäre trotzdem nichts eingefallen. Beens ist Manager in Quakenbrück, dem kleinen Ort im Westen Niedersachsens, dessen Basketballer erst Alba Berlin und zuletzt Meister Köln aus den Play-offs um die deutsche Meisterschaft geworfen haben. Als Beens in der Nacht zum Freitag von über die Autobahn Richtung Quakenbrück gerast ist, stellte er sich die bohrende Frage: „Was sollen wir nächstes Jahr für ein Saisonziel ausgeben? Besser geht es doch gar nicht.“ Doch, ein bisschen besser geht es schon noch. Das Märchen vom Underdog, der auszog, die Großen das Fürchten zu lehren, ist noch nicht zu Ende. Zumindest wenn es nach Adam Hess geht. „Dann schlagen wir jetzt eben Bamberg“, sagte Forward der Artland Dragons nach dem 84:60-Erfolg über Rheinenergie Köln.

Am Sonntag werden sie dazu die erste von maximal fünf Chancen haben: Spiel eins der Finalserie beginnt in Bamberg um 17 Uhr (live auf Premiere). Und wenn die Niedersachsen dort ähnlich souverän auftreten wie zuletzt in Köln, spricht einiges dafür, dass der neue Deutsche Meister aus einem Städtchen mit gerade einmal 13 000 Einwohnern kommt. „Irgendwann waren die Kölner ratlos. Genau wie es zuvor die Berliner waren“, sagt Quakenbrücks Jan Rohdewald. „Wenn du das als Mannschaft spürst, spielst du wie aus einem Guss.“ Auch Geert Hammink, ehemalige Center von Alba Berlin und heute Spieleragent, glaubt an die Dragons: „Wieso soll Bamberg schaffen, was Köln und Berlin nicht gelungen ist?“

So brachte Manager Beens den 2000 feiernden Fans auf dem Quakenbrücker Marktplatz von seiner vorerst letzten Dienstreise nach Köln zwar einen Haufen Komplimente mit, eine Antwort auf die Frage, wie das bisher Erlebte zu steigern ist, blieb er ihnen allerdings schuldig. „Für das, was wir hier drehen, sind wir eigentlich nicht breit genug aufgestellt“, gesteht Beens. Mit ihm arbeiten in der Dragons-Geschäftsstelle nur noch zwei Mitarbeiter. Und sollte sich Quakenbrück auch im Finale durchsetzen, stehen die Artländer vor einer neuen Herausforderung. Als Meister würden sie kommende Saison im zweithöchsten europäischen Vereinswettbewerb, dem Uleb-Cup, antreten. Dafür ist die Artland-Arena aber zu klein, und es ist noch unklar, ob der europäische Dachverband eine Sondergenehmigung.

So weit ist es noch nicht – obwohl die Begeisterung in Quakenbrück schon lange groß ist. Seitdem das Geld des Hauptförderes, des früheren Basketballers und heutigen Textilunternehmers Günter Kollmann, 2003 zum Bundesliga-Aufstieg führte, war jedes Spiel in der Artland-Arena mit 3000 Zuschauern ausverkauft. Wie stark die Stadt hinter ihren vornehmlich aus dem Ausland stammenden Helden steht, offenbarte sich beim zweiten Halbfinalspiel gegen Köln: Als der Fronleichnams-Gottesdienst zeitgleich zum Spiel stattfinden sollte, verlegte der Pfarrer kurzerhand die Andacht und dirigierte die Fronleichnams-Prozession so, dass die Gläubigen pünktlich vor Spielbeginn an der Halle gesegnet wurden.

Dass die Fans am Freitagmorgen erst 300 der 1400 möglichen Karten für Auswärtsspiel eins in Bamberg georderter hatten, erklärt Beens damit, dass „die meisten Fans noch im Koma liegen“. Für Spiel drei plant der Manager mit einem Sonderzug nach Bamberg zu reisen. Vielleicht fällt ihm auf der Zugfahrt ja ein Saisonziel für das Jahr nach dem Sensations-Jahr ein.

Martin Fünkele[Köln]

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