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Sport: Basketball: Raus aus der Turnhalle

Zu ihren Bauwerken haben die Kölner ein inniges Verhältnis. Der Dom zum Beispiel wurzelt so tief in ihren Herzen, dass viele Kölner ihn im Exil als Statue oder Foto in ihrer Wohnung aufstellen.

Zu ihren Bauwerken haben die Kölner ein inniges Verhältnis. Der Dom zum Beispiel wurzelt so tief in ihren Herzen, dass viele Kölner ihn im Exil als Statue oder Foto in ihrer Wohnung aufstellen. In einem Kölner Karnevalslied, in dem die Bläck Fööss die landschaftliche Schönheit Spaniens besingen, heißt es: "Es fehlt nur vom Balkon die Aussicht auf den Dom."

Doch in jüngster Zeit macht ihm in den Herzen der Kölner ein neues Bauwerk Konkurrenz: die Kölnarena. Von weitem sieht sie aus wie ein umgestülpter Teekessel, dessen Henkel in den Himmel ragt. Doch in ihrem zweiten Jahr ist sie schon so beliebt, dass eine Einheimische nachts beim Anblick der beleuchteten Halle liebevoll ausruft: "Da ist ja unser Henkelkännchen." Die neue Spielstätte kommt an, jetzt muss dem Basketballklub RheinEnergy Cologne nur noch das Gleiche gelingen.

Wenn das so leicht wäre. Im vergangenen Jahr besuchten durchschnittlich 850 Zuschauer die Spiele des Vereins. Doch das lässt sich nicht vergleichen, damals spielte der Klub noch unter dem Namen Cologne 99ers in der Regionalliga. In der Zwischenzeit hievte ihn die Basketball Bundesliga (BBL) mit einer Wild Card in die Erste Liga. "Köln ist ein Standort, dem ich unglaublich gute Möglichkeiten zutraue", sagt der BBL-Commissioner Otto Reintjes. "Wir wollten raus aus dem Turnhallenmief hinein in die großen Hallen." Nun findet Bundesliga-Basketball in einer der größten und modernsten Hallen Europas statt. Offiziell beläuft sich der Etat auf 6,5 Millionen Mark, Insider sprechen angesichts der hochkarätigen Verstärkungen von rund zehn Millionen.

Sportlich dürften die Kölner auf jeden Fall eine Bereicherung für die Liga sein. "Wir wollen Alba Berlin ein bisschen ärgern", sagt Trainer Svetislav Pesic. Dass es Manager Stephan Baeck gelang, den ehemaligen Alba-Coach zu verpflichten, zeugt vom Ehrgeiz des Kölner Bundesligisten. Pesic ist einer der besten Trainer Europas, vor vier Wochen wurde er zum zweiten Mal Europameister. Auch die weiteren Verpflichtungen können sich sehen lassen. Mit Sasa Obradovic kommt der Aufbauspieler des jugoslawischen Europameisters, in Drazen Tomic, Gerrit Terdenge und Vladimir Bogojevic stehen drei deutsche Nationalspieler im Team. Reggie Bassette und Clint-Cotis Harrison zählten in Gießen und beim Mitteldeutschen BC zu den besten US-Amerikanern der Bundesliga, Bastian Kordiaka, der von Brandt Hagen kam, zu den größten deutschen Talenten. Auch der Kroate Mario Kasun und der eingebürgerte Österreicher Zoran Kukic haben europäisches Niveau.

Wenngleich niemand im Verein davon spricht, trauen manche dem Klub auch den Deutschen Meistertitel zu. "Berlin hatte es verdient, aber für Außenstehende war die vergangene Saison nicht so spannend", sagt Wolfgang Kram, der Präsident der BBL-Arbeitsgemeinschaft. Doch es ist noch zu früh, von Titeln zu sprechen. Trainer Pesic konnte wegen der EM erst ab der zweiten Septemberwoche mit der neuen Mannschaft trainieren. Am Donnerstag unterlag sein Team in einem Testspiel bei Brandt Hagen 76:88, heute spielt es in der Nordeuropäischen Basketballliga (NEBL) gegen Odessa. "Wir müssen uns einen gesunden Realismus bewahren", warnt Baeck. Zwar sind für die Bundesliga-Saisoneröffnung gegen die Telekom Baskets Bonn am Mittwoch (15.15 Uhr, live im DSF) bereits 11 053 Karten verkauft. Doch der Klub wird nur noch sechs weitere Male in der Kölnarena spielen, ansonsten tritt er im GEW Energy Dome an, der nur 3000 Zuschauer fasst.

Nach dem erfolgreichen Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft (Platz vier) erhofft sich die BBL durch die Kölner einen weiteren Schub für ihren Sport. "Wir merken schon bei der Presseberichterstattung eine stark ansteigende Tendenz", sagt BBL-Chef Kram. Neben Köln rechnen die Verantwortlichen das gesamte Rheinland zwischen Euskirchen, Aachen und dem Bergischen Land zu ihrem Einzugsgebiet.

Die Entscheidung, dem Regionalliga-Aufsteiger Köln eine Wild Card zu geben, war umstritten. Der Bonner Vereinspräsident Wolfgang Wiedlich hatte in der entscheidenden Sitzung als einziger Vereinsvertreter gegen die Aufnahme gestimmt. "Aus grundsätzlichen Gründen", wie Wiedlich sagt, "der Aufstieg muss nach transparenten Regeln vor sich gehen." Er fürchtet, dass man sich irgendwann zwischen dem Team X mit einer Halle für 10 000 Zuschauer und einem Traditionsklub wie Gießen entscheiden müsse. Die lokale Konkurrenz begrüßt Wiedlich: "Wir haben keinen Sponsor verloren, und die Derbys sind ausverkauft".

Mit den Topklubs aus Köln, Bonn und Leverkusen ist das Rheinland neben Berlin das zweite Basketballzentrum. Bei der Präsentation der BBL am Freitag in der Kölnarena traten die Kölner Verantwortlichen als letzte Vertreter der 14 Klubs auf. "Ich hoffe aber, dass wir in der Liga nicht das Schlusslicht werden", sagt Stephan Baeck. Eine solche Bescheidenheit ist in Köln jedoch nicht mehr angebracht.

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