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Basketball: Rödl: „Bei der March Madness bleibt alles stehen und liegen“

Basketball-Trainer Henrik Rödl erklärt, warum die Amerikaner alljährlich im März bei der College-Meisterschaft verrückt spielen.

Die Amerikaner hat die March Madness erfasst. Wieso spielt das ganze Land verrückt, wenn College-Basketballteams ihren Champion ermitteln? In Deutschland interessiert sich kein Mensch für Spiele von Uni-Teams.



Es gibt in den USA ja keine Vereine wie hier, deshalb spielt College-Sport eine viel größere Rolle. Die Leute identifizieren sich noch Jahre nach ihrem Abschluss extrem mit ihrem College, für viele gilt die Zeit dort als die beste ihres Lebens. Jeder hat noch ein T-Shirt oder Sweatshirt seiner Universität im Schrank. Auch die Identifikation der Spieler mit dem College ist riesig.

Aber die amerikanischen Basketballfans können tagein, tagaus NBA-Spiele mit den besten Profis der Welt sehen. Warum zählt dann plötzlich nur noch College-Basketball?

In der NBA wird in dieser Zeit zwar gespielt, aber die Entscheidung fällt erst im Juni. Auch in anderen Sportarten finden noch keine Play-offs statt. Die College-Meisterschaft dagegen ist total spannend. Da wird nicht das beste Team Champion, sondern die Mannschaft, die sechs Spiele in Folge gewinnt.

Bei den Live-Übertragungen im Internet gibt es neuerdings sogar einen „Boss-Button“. Wenn man auf ihn drückt, erscheint eine Exel-Tabelle, damit der Chef nicht merkt, dass man während der Arbeitszeit College-Basketball guckt. Kann man der March Madness in den USA überhaupt irgendwie entkommen?

Das ist schwer. Alles bleibt stehen und liegen, über die Spiele wird in allen Nachrichtensendungen berichtet, sie sind Gesprächsthema in Büros und U-Bahnen. Auf dem Campus gibt es Public Viewing, vor Spielen werden die Teams mit Bandmusik verabschiedet und nach Siegen begeistert am Flughafen empfangen. Es herrscht so eine Euphorie wie bei uns bei einer Fußball-Europameisterschaft oder -Weltmeisterschaft.

Sie selber sind 1993 mit North Carolina Champion geworden. In einem denkwürdigen Endspiel gegen Michigan hat Chris Webber kurz vor Schluss eine Auszeit genommen, die seinem Team gar nicht mehr zustand. Es gab ein technisches Foul gegen Michigan, Ihre Mannschaft hat gewonnen. Was hat sich danach abgespielt?

In New Orleans kam man nach dem Finale auf den Straßen kaum vorwärts. Jeder wollte einem auf die Schulter klopfen. Am Flughafen haben nach unserer Rückkehr bestimmt 5000 Fans auf uns gewartet, auf dem Campus war die Hölle los. Das war sehr beeindruckend.

Sie haben mit Alba Berlin sieben deutsche Meistertitel gewonnen. Haben Sie in dieser Zeit jemals Vergleichbares erlebt?

Nein, was sich in North Carolina abgespielt hat, war einzigartig. Chapel Hill ist ja eine kleine Stadt, die hauptsächlich aus der Uni besteht – da hat uns eine Woche lang ständig jeder gratuliert. Jeder hat uns erkannt. Das ist in Berlin natürlich anders.

Die College-Meisterschaft läuft bis zum 6. April, wenn in Detroit das Finale stattfindet. Wie intensiv verfolgen Sie die Spiele?

Ich sitze zwar nicht jede Nacht vor dem Fernseher, aber ich verfolge die Spiele schon genau. Durch die US-Sender im Internet hat man da ja ganz andere Möglichkeiten als früher. Und natürlich drücke ich North Carolina die Daumen.

Das Gespräch führte Helen Ruwald.

Henrik Rödl, 40, wurde 1993 mit North Carolina US-Collegemeister. Später feierte er als Spieler sieben Meistertitel mit Alba Berlin. Nun trainiert er Albas Nachwuchsbundesligateam.

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