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Sport: Bayer Leverkusen: Ein Debütant sorgt für Aufsehen

Rudi und Berti, Völler und Vogts - das ist die bemerkenswerteste Schicksalsgemeinschaft des deutschen Fußballs. Seit 20 Jahren, seit der U21-Trainer den U21-Spieler betreute, sind ihre sportlichen und beruflichen Karrieren wie durch höhere Fügung miteinander verknüpft.

Rudi und Berti, Völler und Vogts - das ist die bemerkenswerteste Schicksalsgemeinschaft des deutschen Fußballs. Seit 20 Jahren, seit der U21-Trainer den U21-Spieler betreute, sind ihre sportlichen und beruflichen Karrieren wie durch höhere Fügung miteinander verknüpft. Man könnte auch sagen verstrickt.

Der 14. November 2000 war wieder so ein Tag in ihrem Leben, an dem deutlich wurde: Was der eine tut, hängt weitgehend vom Tun des anderen ab. Berti Vogts, der einstige Bundestrainer, nahm nach zweijährigem Müßiggang seine Arbeit als Bundesliga-Trainer bei Bayer Leverkusen auf, damit Rudi Völler, befreit von der Doppelbelastung, nur noch als Teamchef des DFB mit der Nationalmannschaft nach Kopenhagen fliegen konnte. Berti sprang für Rudi ein. Vogts hat sich auf einem völlig neuen Betätigungsfeld die schwere Aufgabe aufgehalst, Völlers Glanzserie in der Bundesliga von zehn Punkten in vier Spielen fortzusetzen: Debüt im ungewohnten neuen Job am Sonnabend beim Hamburger SV. "Vogts im Schatten von Völler", heißt es.

Im Rampenlicht aber stand gestern nur Berti Vogts. Erstes Training bei Bayer Leverkusen. Den Hinweis "ohne Presse und Zuschauer" für die Übungen der Nationalmannschaft im Sportzentrum Martinsee in Heusenstamm vor dem Abflug hätte sich der DFB sparen können. Die Medien interessierte nur der prominente Debütant in Leverkusen. Völler im Schatten von Vogts.

Als Sportdirektor von Bayer hatte der Teamchef des DFB bei der Berufung von Vogts zum Trainer in Leverkusen maßgeblich mitgewirkt. So wie der Einfluss von Vogts bei seinem Freund, Bayers Manager Reiner Calmund, einst dazu geführt hatte, dass Völler mit 34 Jahren bei Bayer seine Karriere ausklingen ließ. "Nimm den Rudi und bind ihn danach im Verein ein", riet Vogts damals, als Calmund gegen das Plastikimage des Klubs einen populären Spieler suchte. Die Idee, Völler nach seiner aktiven Laufbahn zum Sportdirektor zu machen, stammt von Vogts. Vogts hatte schon vor Jahren erkannt - vielleicht weil dies sein eigenes Defizit war - wie Völler mit seiner unaufgeregten, ungezwungenen, verbindlichen, umgänglichen Art ankommt. Nun ist er - gleichsam über Nacht - der erste Trainer im deutschen Fußball.

Rudi und Berti, das ist eine lange Geschichte. Als Vogts von Beckenbauer die Weltmeister von 1990 übernahm, waren Klinsmann und Völler seine Lieblinge, nicht Matthäus. Dass Vogts in seinem ersten Turnier nur Zweiter wurde, hatte auch mit Völler zu tun: Der Mittelstürmer und Kapitän brach sich im ersten Spiel den Arm und verabschiedete sich von der EM 1992 in Schweden. Im Endspiel verlor Deutschland - gegen Dänemark 0:2. Vogts und Völler waren in der Nationalmannschaft ein Herz und eine Seele. Mit Völlers Rücktritt 1992 aus der Nationalmannschaft hatte sich Vogts nicht abgefunden. Kurz vor der WM 1994 ließ sich Völler tatsächlich zum Comeback überreden - und das ohne Garantie auf einen Stammplatz. Erst im vierten Spiel ließ der Bundestrainer den Torjäger von Anfang an stürmen. Mit zwei Toren zum 3:2-Sieg über Belgien im Achtelfinale war Völler der Held.

Der Fußball schreibt manchmal die verrücktesten Geschichten. Die von Rudi und Berti, als Cheftrainer und Sportdirektor laut Vertrag bis 2003 bei Bayer nun wieder ein Team, könnte so enden: Völler wird mit Deutschland Weltmeister und Vogts mit Bayer Leverkusen Deutscher Meister.

Hartmut Scherzer

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