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Und drin. Robert Lewandowski bei einem seiner drei Treffer gegen die Bayern im Pokalfinale 2012. Gut möglich, dass der polnische Stürmer bald die Trikots tauscht und für die Bayern aufläuft.

© dpa

Bayern gegen Dortmund: Kampf der Systeme

Der FC Bayern wartet seit 2010 auf einen wichtigen Sieg gegen Borussia Dortmund – warum es am Mittwoch im Pokal-Viertelfinale damit wieder einmal klappen könnte. Eine Analyse.

Manuel Neuer muss einem nicht leidtun, der Winter ist bald vorbei. Der Torwart der Bayern kann seine Körperspannung während der Spiele dann auch ohne erwärmende Übungen aufrechterhalten und sich auf die paar Momente konzentrieren, in denen er mal eingreifen muss. Das ist gar nicht so einfach. Wenn Neuer überhaupt mal einen Ball auf sein Tor kriegt, ist der kaum zu halten, denn schon vorher muss Gravierendes passiert sein. Acht Gegentore haben die Münchner in der gesamten Bundesligasaison erst kassiert, vier nach Standardsituationen und vier nach unübersichtlichen Momenten wie dem Fehler Dantes beim 6:1 gegen Werder Bremen am vergangenen Samstag. In diesem Spiel war wieder einmal gut zu beobachten, was den souveränen Tabellenführer in dieser Saison ausmacht und für einen Erfolg am Mittwoch im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen Borussia Dortmund (20.30 Uhr, live im Ticker bei Tagesspiegel.de) spricht.

Dabei haben die Bayern fünfmal hintereinander in der Bundesliga nicht mehr gegen den BVB gewinnen können. Hinzu kommt die 2:5-Schmach aus dem vergangenen DFB-Pokalfinale. Besonders in diesem Spiel waren die Münchner deutlich unterlegen. Inzwischen aber arbeitet selbst der gegen Dortmund gesperrte Franck Ribéry fleißig mit nach hinten; Ausdruck der Geschlossenheit der Münchner, die in der Entwicklung des Mannschaftsgefüges und der eigenen Spielweise eine neue Stufe erreicht haben.

Die Startformation der Dortmunder ist ebenbürtig, doch schon bei den Einwechselspielern wird deutlich, dass die Bayern jetzt den auch in der Breite herausragend besetzten Kader haben, um dauerhaft europäische Spitze zu sein. Selbst einer wie Ribéry scheint ersetzbar: Gegen Dortmund wird eben Arjen Robben spielen. Noch wichtiger für den Erfolg aber ist die Weiterentwicklung der Spielweise durch Trainer Jupp Heynckes. Schon der später gescheiterte Jürgen Klinsmann hatte versucht, das Spiel auf die von ihm so bezeichnete „schnelle Ballrückeroberung“ auszurichten. Und unter seinem Nachfolger Louis van Gaal war es dann oberste Maßgabe, den Ball gar nicht erst herzugeben.

Von dieser dominanten Spielweise mit viel Ballbesitz ist auch heute noch einiges zu sehen, zum Beispiel die Spielverlagerung mit weiten Pässen auf die andere Seite, um etwas Raum zu gewinnen. Dieses einst sehr häufig angewandte Stilmittel ist aber nur noch eine von mehreren Optionen. Ballbesitz ist für das Münchner Spiel weiter wichtig, aber nicht alleine entscheidend. Die Bayern wollen nicht in Schönheit sterben, wie es manchmal der Passmaschine FC Barcelona vorgehalten wird.

Bayern setzt auf Ballbesitz - Dortmund auf Balleroberung.

Der wesentliche Unterschied zu Dortmund besteht darin, wie schnell und direkt der Torabschluss nach einem Ballgewinn gesucht wird. BVB-Trainer Jürgen Klopp hat das Umschaltspiel seiner Mannschaft in den vergangenen Jahren perfektioniert. Ballbesitz ist dabei gar nicht unbedingt der zentrale Ansatzpunkt. Beim 1:1 bei Borussia Mönchengladbach am vergangenen Sonntag hatten die Dortmunder davon fast zu viel, um ihr Spiel wie gewohnt aufziehen zu können. Klopp sprach hinterher dann sogar vom „Problem“ Ballbesitz, das es in München so nicht geben dürfte. Die Dortmunder werden sich zwar bei den Bayern nicht wie andere Mannschaften tief in die eigene Hälfte zurückdrängen lassen. Und doch ist es durchaus gewollt, dass der Gegner das Spiel bestimmt. Ziel ist es, die Räume eng zu machen, den Gegner durch hohen Laufeinsatz gerade im Mittelfeld zu Fehlern zu zwingen und dann schnell und direkt über Marco Reus, Mario Götze und Robert Lewandowski nach vorn zu spielen. Der in der Liga gesperrte Lewandowski darf im Pokal gegen die Bayern spielen. Somit sind auch lange und hohe Bälle aus der Abwehr eine Variante im Angriffsspiel, da Lewandowski über die technischen Fähigkeiten verfügt, solche Anspiele zu verwerten.

In der Bundesliga-Rückrunde gelang es den Dortmundern zudem immer wieder, ihre Gegner mit frühen Treffern zu überrumpeln und sie sich danach zurechtzustellen. Offensiv ist Klopps Mannschaft auch dank der Verpflichtung von Reus sogar besser als in den beiden vergangenen Meisterjahren. Dafür steht die Abwehr längst nicht mehr so sicher. Verletzungen von Stammspielern kann die Borussia, anders als die Bayern, eben nicht problemlos kompensieren.

In den direkten Duellen der jüngeren Vergangenheit schafften es die Dortmunder immer wieder, Bayerns Flügelspieler erfolgreich auszubremsen. Robben und Ribéry wurden dabei oft schon frühzeitig von ihren Gegenspielern Marcel Schmelzer und Lukasz Piszczek angegriffen und zuweilen gar gedoppelt. Die dann schnell entnervten Bayern-Stars mussten nun plötzlich ihren Gegnern hinterherlaufen, die sofort nach Ballgewinn über ihre Seiten nach vorne marschierten. Darauf waren die Bayern allerdings schon im Hinrundenspiel in der Bundesliga besser eingestellt. Zudem ist Thomas Müller defensiv williger als ein Robben oder Ribéry.

Ihrem Selbstverständnis nach sehen sich die Bayern auch diesmal als Favorit. Dass sich Manuel Neuer allerdings wegen akuter Beschäftigungslosigkeit an einem der letzten Tage dieses Winters wieder mit gymnastischen Übungen wird warmhalten müssen, glauben sie nicht mal in München.

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