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Sport: Bayern im Kopf

Werder Bremen richtet den Blick nach dem 1:0-Sieg in Vigo sofort auf München

Für Thomas Schaaf ist es mitunter ein Gräuel, das bereits Gesagte keine zwölf Stunden später zu wiederholen. Dem notorisch sachlichen Fußballlehrer von Werder Bremen widerfährt dies nach Europapokal-Nächten zu seinem Leidwesen regelmäßig. Da steht der 45-Jährige dann einer wissbegierigen Medienmeute zu später Stunde im schmucken Anzug Rede und Antwort, um sich tags darauf bei der obligatorischen Pressekonferenz zur Mittagsstunde all dieselben Fragen noch einmal anzuhören. Schaaf trägt dann meist einen Trainingsanzug und reagiert meist mundfaul.

Nach der Heimkehr am Freitag vom 1:0-Erfolg im Uefa-Cup-Achtelfinale bei Celta Vigo gab es aber, kaum dass der Charterflieger der Lauda Air aus Galizien wieder auf dem Bremer Flughafen gelandet war, nur noch ein Thema bei Werder, und zwar ein vorauseilendes: den Bundesliga-Hit am Sonntag beim lauernden Verfolger Bayern München. Schon im Bauch des baufälligen Estadio de Balaidos war der Vigo-Auftritt schnell abgehakt und das Ballyhoo um das Bayern-Spiel eingeläutet worden. „Wir fahren da mit breiter Brust hin – warum denn nicht?“, sagte Werders Nationalspieler Torsten Frings und tönte: „Und wenn wir zwei Brüste hätten, wären beide breit.“ Absolut im Griff habe man Vigo gehabt, und das späte Tor, das der eingewechselte Hugo Almeida per Kopf erzielte, sei folgerichtig die Belohnung gewesen.

Die Schilderung ging ein bisschen an den Tatsachen vorbei. „Wir müssen bei den Bayern besser spielen“, fordert deshalb Sportchef Klaus Allofs. Einig war sich Allofs mit Frings immerhin im Umgang mit der dramatisch schwachen Leistung von Nationalstürmer Miroslav Klose. „Alle Spekulationen und Diskussionen führen ins Nichts“, behauptet Allofs, „wir machen uns keine großen Sorgen.“ Die macht sich der 28-jährige Klose, konsequenterweise gegen den späteren Torschützen ausgewechselt, erstaunlicherweise auch nicht: „Irgendwann muss ich ja auch mal ausgetauscht werden. Ich brauche Kraft für Sonntag“, sagte Klose. Seine Einschätzung, er habe sich „gut bewegt“, erfüllte jedoch den Tatbestand der arglistigen Täuschung.

Aber irgendwie erweckte die ganze grün-weiße Reisegruppe den Eindruck, als rede man sich jetzt gegenseitig Mut zu. „Wenn die Bayern das nicht gewinnen“, mutmaßt Tim Wiese, „können sie die Meisterschaft abhaken.“ Dann kehrte der Torwart die pure Zuversicht nach außen. „Wir haben sie doch schon zweimal geschlagen, das sollten wir wiederholen.“ Was noch auffiel: Weniger über Vigo als vielmehr über Real Madrid redeten die Bremer hinterher. „Es braucht keine Weltklasseleistung, um Real zu schlagen. Das ist keine Mannschaft, vor der man Angst haben muss“, erklärte Allofs. Er hatte sogar festgestellt, „dass die Bayern am Ende noch in Bedrängnis gekommen sind“.

Der Reflex ist erstaunlich und nicht bremen-typisch: die eigene (schwache) Leistung stark und die (starke) Leistung der Bayern gegen Real schwach zu reden. Der Uefa-Cup ist „ein wichtiger und gewinnträchtiger Wettbewerb“ (Allofs), Celta Vigo sei ein „extrem heimstarker“ Gegner, während in der Champions League ein Münchner Weiterkommen gegen Real beinahe selbstverständlich sein soll, „weil die Galaktischen längst keine Galaktischen mehr sind“, wie Frings bemerkte. Den Quoten-Bringer am Mittwoch in Madrid hat sich Frings nicht mal im Fernsehen angeschaut. Er sagt: „Ich habe lieber einen Film gesehen.“

Lesen Sie im Internet: Der VfB Stuttgart kultiviert die Außenseiterrolle: www.tagesspiegel.de/sport

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