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Sport: „Bayern ist ein guter Verein“

Nationalspieler Marcell Jansen wechselt wohl von Gladbach nach München

Marko Marin genoss das Privileg der Jugend. Der Mittelfeldspieler von Borussia Mönchengladbach ist gerade 18 Jahre alt, da muss er sich um seine Außenwirkung noch keine allzu großen Gedanken machen. Als das Spiel der Borussia gerade vorüber war, nutzte Marin, der jüngste Spieler auf dem Feld, die günstige Gelegenheit, um das Trikot des ältesten Spielers zu ergattern – er zog es gleich über und trug es fortan mit Stolz. Marin verließ den Platz im Hemd von Mehmet Scholl. Marcell Jansen, sein Kollege und mit 21 Jahren nicht mehr ganz so jugendlich privilegiert, ging nach dem 1:1 des Tabellenletzten gegen Bayern München mit bloßem Oberkörper in die Kabine. „Ich muss hier nicht im Bayern-Trikot rumlaufen“, sagte der Nationalspieler. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird er dazu in Zukunft noch ausreichend Gelegenheit haben.

Seitdem sein Verein der Zweiten Liga entgegen taumelt, ist Jansen mit fast jedem großen europäischen Klub in Verbindung gebracht worden; es deutet jedoch einiges darauf hin, dass er selbst ein Engagement bei den Bayern bevorzugt. „Bayern ist ein guter Verein“, sagte Jansen. Die Wertschätzung beruht auf Gegenseitigkeit. „Ganz gut“ hatte Ottmar Hitzfeld den Gladbacher gesehen. Gut genug für die großen Bayern? „Jeder deutsche Nationalspieler ist gut genug für die Bayern“, sagte Münchens Trainer.

Es ist kein Geheimnis, dass die Bayern ihren Kader nach einer ernüchternden Saison umfassend renovieren möchten. „Ich habe mir schon längst einen Überblick über das Potenzial der Mannschaft gemacht“, sagte Hitzfeld. „Wir wissen, wo wir uns verstärken müssen.“ Jansen würde den Münchnern gut ins Konzept passen: Er ist Linksfuß, hat auf der linken Seite bereits sämtliche Positionen von der Abwehr bis zum Angriff besetzt, und an Linksfüßern besteht in Bayerns Kader akuter Mangel.

Unbestätigten Berichten zufolge soll der Rekordmeister sieben Millionen Euro für den Nationalspieler geboten haben, aber das ist nichts, was die Gladbacher einstweilen nervös werden lässt. Als Kennziffer für seriöses Interesse gelten immer noch jene zehn Millionen Euro, die vor einem Jahr der Hamburger SV aufgerufen hat. Erschwerend kommt hinzu, dass Borussias Präsident Rolf Königs Jansen mehrmals für unverkäuflich erklärt hat. Die Frage ist, ob sich diese Aussage als ähnlich haltbar erweisen wird wie Königs Vorhersage, dass die Mannschaft auf keinen Fall absteigen werde.

Jansens Vertrag beim künftigen Zweitligisten läuft noch bis 2009, und das ist alles, was er von seinem Arbeitgeber bisher als Reaktion auf seine Wechselpläne zu hören bekommen hat. Der Nationalspieler fände es „nicht so motivierend, wenn wir alles einfach so lassen, wie es ist, und dann spielst du auf einmal Zweite Liga“. Jansen will sich ab Mitte dieser Woche näher mit seinen Möglichkeiten beschäftigen, eins aber weiß er sicher: „dass die Zweite Liga für mich nicht förderlich ist“.

Zumindest nach außen machen die Gladbacher den Eindruck, dass sie nicht gewillt sind, auf solche Einzelschicksale Rücksicht zu nehmen. „Es besteht kein Bedarf, jetzt mit ihm zu sprechen“, sagte Trainer Jos Luhukay. „Er hat einen Vertrag bis 2009. Das sagt alles.“ Borussia muss Jansen nicht verkaufen, um finanziell zu überleben; andererseits braucht der Verein Geld, damit Luhukay den Kader nach seinen Vorstellungen umbauen kann. Die Gladbacher werden in den kommenden Wochen vor allem eine Frage beantworten müssen: Wie hilft Marcell Jansen ihnen mehr: als Spieler auf dem Feld oder als Geld auf dem Konto?

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