zum Hauptinhalt
Südamerikanische Freude: Rafinha, Pizarro und Dante (von links) feiern den Sieg gegen Lille.

© dapd

Bayern München: Nur nicht euphorisch werden

Nach dem 6:1-Sieg gegen Lille mühen sich die Bayern, nicht allzu überschwänglich zu werden. Die Erfahrungen der vorigen Saison sind noch nicht vergessen.

Der Schuss ging ins linke Eck, dann drehte sich Claudio Pizarro um und fing an zu laufen. Der Peruaner nahm Fahrt auf, Verteidiger Dante gesellte sich zu ihm, und schon waren die Südamerikaner an der Seitenlinie bei Rafinha: Das Trio zuckte mit den Hüften und mit den Füßen und führte einen brasilianischen Tanz auf, um das 2:0 gegen den OSC Lille zu feiern. Man nennt das wohl Euphorie, nur Philipp Lahm gefiel der Jubel nicht so recht. „Das sah ja nicht so toll aus“, bewertete der Kapitän nach der Partie die Tanzeinlage seiner drei Kollegen. Natürlich sagte Lahm das mit einem Lächeln, aber es passte in den allgemeinen Tenor der Aussagen, die trotz des fulminanten 6:1-Sieges eher gedämpft ausfielen.

Euphorie im Keim ersticken, das war offensichtlich der Auftrag der Spieler. Die Bayern haben mit dem Sieg und neun Punkten nun wieder beste Voraussetzungen, um die Gruppenphase in der Champions League zu überstehen. Nach den drei schwächeren Partien auf europäischer Ebene haben sie nun auch so geglänzt, wie sie seit Wochen in der Bundesliga glänzen. Offenbar sind die Spieler aber nun wild entschlossen, Übermut nicht aufkommen zu lassen: Der Erfolg soll nicht leichtsinnig gefährdet werden. „Wir wissen das Ergebnis einzuordnen, man darf das nicht überbewerten“, sagte also Lahm nach der Partie und schaute streng in die Runde. „Wir bleiben mit beiden Füßen auf dem Boden“, verkündete Arjen Robben. Und Karl-Heinz Rummenigge formulierte es besonders blumig: Er sei froh, sagte der Vorstandsvorsitzender, dass der Sieg nicht zweistellig ausgefallen sei, was ja durchaus möglich gewesen wäre. „Sonst wären die Euphoriekorken noch höher geknallt.“

Dabei hatten die Bayern bereits zur Halbzeit einen Rekord geknackt: 5:0 hieß es gegen die Franzosen, so etwas gab es in der Champions League nach 45 Minuten noch nie. Drei Tore hatte Pizarro beigesteuert, auch für ihn war es ein kleiner persönlicher Rekord. „Kann mich nicht erinnern, so etwas schon einmal erlebt zu haben“, sagte der Stürmer. Trainer Jupp Heynckes hatte Mario Mandzukic am Tag vor der Partie aus dem Training genommen und wegen einer Erkältung nach Hause geschickt. Und so schoss eben diesmal Pizarro die Tore.

Das Lied vom breiten Kader der Bayern ist in dieser Saison schon viel besungen worden, nun hat Lille die Qualität zu spüren bekommen. Wenn man Jupp Heynckes glaubt, dann werden die Franzosen nicht die einzigen bleiben. „Claudio Pizarro ist nun endlich fit und wird noch ganz wichtig in den kommenden Wochen“, hatte der Trainer schon vor einer Woche konstatiert. Matthias Sammer ergänzte nun, dass dies auch für die anderen Spieler von der Bank gelte. Und dass es kein Zufall sei, wenn diese Spieler sich auf dem Platz nahtlos einfügten. „Das ist harte Arbeit im Training“, sagte der Sportvorstand und freute sich über die „Moral der Mannschaft“. Diese Aussage klang verdächtig nach Lob, weshalb Sammer bemüht war, noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Titel erst im Mai vergeben werden.

Die Spielzüge zu den Toren mögen noch so fein herausgespielt gewesen sein: keine Euphorie zulassen, darum ging es auch den Bosse an diesem Abend. Und deshalb erinnerte Karl-Heinz Rummenigge nach seinem Spruch von den „Euphoriekorken“ auch noch daran, dass in den letzten beiden Partien der Gruppenphase gegen Valencia und Borissow weitere Siege her müssen, um möglichst als Erster weiterzukommen. Sonst, so ist es bei den Bayern üblich, knallt es zwar auch – aber dann wird es für die Spieler eher ungemütlich.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false