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Tor zu wenig. Der Führungstreffer von Xherdan Shaqiri reichte dem FC Bayern gegen Freiburg nicht zum Sieg.

© dpa

Bayern München: Raus aus der Favoritenrolle

Der FC Bayern München wirkt in Freiburg gar nicht mehr überirdisch. Verzockt habe sich Trainer Pep Guardiola mit seiner B-Elf, hieß es nach dem Spiel. Den Vorwurf der Arroganz wiesen die Bayern dennoch von sich.

Freiburg - Pep Guardiola war bereits auf dem Weg zum Flughafen, als sich Christian Streich allem Drängen hartnäckig verschloss. Es sollte ein Geheimnis bleiben, welche Sätze das Händeschütteln beider Trainer an der Seitenlinie begleitet hatte. Also schwieg Streich. Lippenleser legten sich später fest, dass der Trainer der Bayern seinem Freiburger Kollegen nach dem 1:1 (0:1) ein „Gut gemacht“ mitgegeben habe. Man kann davon ausgehen, dass es ehrlich gemeint war, auch wenn das Resultat unterschiedliche Reaktionen auslöste. Die des gefühlten Sieges in Freiburg, die der gefühlten Niederlage bei den Münchnern. „Pep Guardiola kann ein Unentschieden verkraften, da bleibt er trotzdem höflich, obwohl er verlieren oder unentschieden spielen nicht gewohnt ist“, sagte Streich.

Sollte Guardiola verärgert gewesen sein, ließ er sich nichts anmerken. Am Abend, als in Freiburg ausgelassene Freudentänze stattfanden, dürften sich die Wettquoten dennoch leicht zu Gunsten der Konkurrenten Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen verschoben haben. Dass Guardiola plus Bayern München totale Dominanz bedeutet, klang wie Paragraf eins aus dem Bundesliga- Grundgesetz dieser Saison. Nach dem 1:1 in Freiburg aber ist alles wieder offen. Meister Dortmund? Denkbar. Meister Leverkusen? Ebenfalls denkbar.

Verzockt habe sich der Spanier mit seiner B-Elf, hieß es nach dem Spiel in Freiburg. Franck Ribéry draußen, Arjen Robben, Jerome Boateng, Mario Mandzukic, Philipp Lahm, David Alaba – alle draußen. Probleme im Spielaufbau und in der Abwehr waren nicht zu übersehen, trotz mehr als 80 Prozent Ballbesitz. Den Vorwurf der Arroganz wiesen die Bayern dennoch von sich. Niemand sei geschont worden. Nur mit Rotation könne man die Flut der Wettbewerbe überstehen, „das hat die vergangene Saison gezeigt, wir brauchen alle“, behauptete Kapitän Philipp Lahm.

Bleibt die Frage, ob die Auswirkungen des Trainerwechsels unterschätzt wurden oder sich eine Mannschaft schlicht in der Findungsphase befindet, weil sich System und Jobprofile änderten? In Freiburg war der vom Feld humpelnde Bastian Schweinsteiger ebenso Sinnbild für die Umbauprobleme wie der unauffällige Mario Götze, hinter dem eine lange Verletzungspause liegt. Die droht Schweinsteiger trotz seiner Sprunggelenksverletzung wohl nicht. Im europäischen Supercup-Finale am Freitag gegen Chelsea hofft der Klub jedenfalls auf seinen Einsatz. Sein Ausfall würde die Lage verschärfen, da die defensiven Mittelfeldspieler Thiago und Martinez bereits verletzt fehlten.

Christian Streich machte sich um die Zukunft der Münchner wenig Sorgen. „Ich finde, die haben gut gespielt. In drei Tagen haben sie ein Endspiel. Du kannst nicht nach solchen Spielen wie heute drei Tage später mit denselben Spielern wieder parat sein“, sagte er. Freiburgs Trainer klang, als habe er eine Extrem-Berg-Tour hinter sich: „Das ist ein psychologischer Abnutzungskampf gegen die. Du braucht eine extreme Frustrationstoleranz, weil alles darauf ausgelegt ist, dass du nie an den Ball kommst. Das war wahnsinnig toll, wie wir das kopfmäßig hingekriegt haben.“

Die Freiburger müssen zwar am Freitag kein Endspiel bestreiten, aber sie erfahren an diesem Tag, wie ihre Gegner in der Europa League heißen. Im September muss sich dann der Sportclub auf einen weiteren Wettbewerb einstellen und rotieren. Vielleicht hatte Christian Streich deshalb so viel Verständnis für seinen Kollegen aus München. Oliver Trust

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