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Sport: Bayern muss nicht mehr siegen

Die Münchner spielen 1:1 in Kaiserslautern und holen ihren 20. Meistertitel

Wohl dem, der einen Stadionsprecher hat wie der 1. FC Kaiserslautern. Es war 17.04 Uhr, als Horst Schömbs etwas übers Stadionmikrofon rief, was klang wie eine flehentliche Bitte an den Gegner, doch bitte die Anstrengungen einzustellen und es beim 1:1 zu belassen. Als Schömbs durch eine „Information an die Fans des FCB“ die 4:2-Führung von Hertha BSC gegen den Hamburger verkündete gratulierte er den Profis des FC Bayern verklausuliert zum 20. deutschen Meistertitel. Die Luft schien fortan raus aus dem Spiel. Claudio Pizarro, als hätte er verstanden, schoss in der 76. Minute noch knapp daneben. Dann war Ruhe bis zum Schlusspfiff.

Das Unentschieden reichte den Münchnern, um als erste Mannschaft der Liga-Geschichte das „Double“, also den DFB-Pokalsieg und die Meisterschaft, aus dem Vorjahr zu verteidigen. Es kann sich jeder vorstellen, wie das auf die Bayern wirkte. Der Geist meldete der Muskulatur: ab sofort nur noch „halbe Kraft voraus“ und baldiges „vorbereiten auf die Meisterfeier“. Und so kam es, dass beide nach den Toren von Halil Altintop und Andreas Ottl zufrieden vom Feld gingen. Der 1. FC Kaiserslautern liegt einen Spieltag vor Saisonende nur noch einen Punkt hinter dem Tabellenfünfzehnten VfL Wolfsburg. Als Horst Schömbs seine Durchsage machte, konnte er nicht wissen, dass die Lauterer sogar bei einer Niederlage noch nicht abgestiegen wären, weil Wolfsburg zeitgleich in Stuttgart verlor. Wie es der Zufall so will, wird es nächsten Samstag ein „Endspiel“ um den Klassenerhalt zwischen beiden Mannschaften in Wolfsburg geben.

Nach dem Schlusspfiff fielen sich vor der Bank der Münchner Trainer Felix Magath, sein Assistent Seppo Eichkorn und Manager Uli Hoeneß in die Arme und grinsten ausgelassen. Bei den Pfälzern rannte Trainer Wolfgang Wolf mit weit ausgebreiteten Armen auf den Rasen und zeigte mit seinen Daumen nach oben. „Gott sei Dank haben wir jetzt das Endspiel“, hauchte Wolf. Hätte Wolfsburg in Stuttgart gewonnen, wären die Lauterer schon gestern abgestiegen.

Deshalb durften sich die Meister aus München auch kein Weißbier über den Kopf schütten. Man fürchtete, ausgedehnte Feierlichkeiten der Bayern könnten im Fall des Abstiegs die Anhänger des FCK erzürnen. „Wir hauen heute Abend auf dem Schiff auf den Putz“, versprach Trainer Felix Magath, während seine Spieler auf dem Rasen des Fritz-Walter-Stadions vor 50754 Zuschauern allerlei Turnübungen vorführten und Sangeskünste darboten. Wenig später fingen sie schon in der Kabine an zu feiern und zu trinken.

Sie beeilten sich anschließend und fuhren nach Köln, um auf einem vom Hauptsponsor gecharterten Schiff auf dem Rhein vergnüglich umher zu schippern. Am Sonntag gibt es noch ein Freundschaftsspiel beim Bonner SC, dann wird „die Woche mehr Lebensqualität, die wir nun gewonnen haben“ (Manager Uli Hoeneß), genossen. „Das ist doch großartig, wir haben keine Nervenbelastung mehr, am Samstag gibt es vor 70 000 in der Arena ein großartiges Fest“, sagte Hoeneß.

Manchem erschienen die Bilder wie eine Kopie des Vorjahres, als die Münchner ebenfalls in Kaiserslautern Meister wurden. Damals allerdings hatte es Weißbier gegeben, als Felix Magath seine ersten Titel geholt hatte. „Magath hat jetzt in zwei Jahren vier Titel geholt. Als er kam, waren wir nicht Deutscher Meister. So viel kann er nicht falsch gemacht haben“, frohlockte Hoeneß.

In dem Moment war dem sonst so kritischen Manager die allenfalls durchschnittliche Leistung der Bayern-Kicker völlig egal. Vergessen auch die Führung durch Halil Altintop, der im Sommer zu Schalke 04 wechselt, vorher aber noch sein 19. Saisontor erzielte. „Ohne seine Tore hätten wir jetzt keine Chance mehr“, sagte Wolf. Bei den Bayern trat der Spieler, der den Verein zum Saisonende verlässt, dagegen lustlos auf. Michael Ballack schien mit den Gedanken bereits beim FC Chelsea zu weilen.

Am Ausgleich war Ballack dennoch beteiligt, als er eine Ecke von Bastian Schweinsteiger mit dem Kopf zum Torschützen Andreas Ottl weiterleitete. Fast behutsam hatten sich die Münchner Richtung Ausgleich gespielt. „Wir haben uns in der Kabine gesagt, wir bleiben ruhig und holen hier noch einen Punkt. Auch der FCK kämpft schließlich ums Überleben“, sagte Bayern-Torhüter Oliver Kahn. „Und uns reicht der Punkt.“

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