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Seitenwechsel: Marko Pesic (l.) im Trikot von Alba Berlin.

© dpa

Bayern-Sportdirektor Marco Pesic: „Wilderei bei Alba? An den Haaren herbeigezogen“

Marko Pesic, Sportdirektor der Basketballer vom FC Bayern München, spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über den Bayernkader der neuen Saison - und erklärt, warum so viele ehemalige Alba-Spieler darunter sind.

Herr Pesic, der FC Bayern München hat in der Sommerpause vier Spieler von Alba Berlin verpflichtet – seit Freitag steht auch die Verpflichtung von Deon Thompson fest. Insgesamt spielen sechs ehemalige Berliner bei Ihnen. Kann Alba nicht mehr mit den Bayern mithalten?

Ich kann nicht über die finanziellen Möglichkeiten bei Alba sprechen. Für mich persönlich und meinen Verein ist das auch nicht interessant. Wir haben bei den Verpflichtungen typische Auswahlkriterien angelegt, also: Welche Spieler brauchen wir für welche Position und welchen Charakter bringen sie mit? Und wen können wir überhaupt bekommen? Daraus setzt sich unsere Transferpolitik zusammen. Dass nun einige Spieler von Alba dabei sind, ist reiner Zufall.

Mit Verlaub, aber der FC Bayern beschäftigt mittlerweile mehr als ein Dutzend ehemaliger Berliner in verschiedensten Positionen – Sie selbst eingeschlossen. Das kann doch kein Zufall sein.
Wir müssen doch jetzt nicht noch einmal durchgehen, wer vor zehn Jahren mal in Berlin gespielt hat. Das ist schon sehr weit hergeholt. Man darf nicht vergessen, dass Alba in den vergangenen zwei Jahrzehnten der Marktführer im deutschen Basketball war, weil sie eine sehr gute Personalpolitik betreiben. Das sieht man auch in diesem Jahr wieder, wobei die Verantwortlichen im Moment aus meiner Sicht versuchen, ein Stückchen unter dem Radar zu fliegen. Die Zugänge sind ja keine Leute, die plötzlich aus irgendeinem Erdloch gekrochen sind, sondern allesamt hervorragende Basketballer.

Wenn diese Spieler so gut sind – warum hatten die Scouts des FC Bayern sie dann nicht auf ihrem Merkzettel?
Wir haben eben unsere Planung gemacht und sind auch zufrieden damit. Noch einmal: Für mich ist diese Geschichte, dass der FC Bayern in Berlin wildert, an den Haaren herbeigezogen.

Wie hilfreich war es denn bei den Verhandlungen, dass Ihr Vater und Bayern-Trainer Svetislav Pesic viele Akteure aus seiner Zeit in Berlin, aber auch aus der Nationalmannschaft kennt?
Es hat natürlich eine Rolle gespielt, dass er einige Spieler kennt und ihm die Entscheidung somit leichter gefallen ist. Ob das entscheidend dazu beigetragen hat, dass die Spieler nun wechseln, kann ich nicht wirklich einschätzen. Da müssen Sie schon die Spieler selbst fragen.

Marko Pesic, 37, spielte bei Alba Berlin und arbeitet nun als Sportdirektor in der Basketball-Abteilung bei Bayern München. Sein Vater Svetislav trainiert den Bundesligisten.
Marko Pesic, 37, spielte bei Alba Berlin und arbeitet nun als Sportdirektor in der Basketball-Abteilung bei Bayern München. Sein Vater Svetislav trainiert den Bundesligisten.

© dpa

Als der FC Bayern vor zwei Jahren in die Basketball-Bundesliga aufgestiegen ist, wurde dieser Schritt von vielen Klubs als sehr positiv gewertet, weil sie sich davon Aufmerksamkeit versprachen. Haben Sie nach der jüngsten Transferoffensive nicht auch das Gefühl, dass die Stimmung Ihrem Verein gegenüber gerade kippt?
Ich habe vielleicht von zwei, drei Vereinen mitbekommen, dass sie sich sehr kritisch geäußert haben, mehr aber auch nicht. Grundsätzlich ist Alba ja bekannt dafür, dass sie gern über uns reden – und das ist auch okay so. Wenn der Branchenführer das in der Form tut, ist es auch ein Zeichen für mich, dass wir in München offenbar einiges richtig gemacht haben – oder dass man eben nicht gern über sich selbst spricht, anders kann ich es mir nicht erklären. Wie auch immer: Ich kann ganz gut damit leben.

Können Sie die Befürchtung teilen, dass die Basketballer des FC Bayern in naher Zukunft ähnlich dominant auftreten wie die Fußballer im vergangenen Jahr?
Auch diese Befürchtung halte ich für aufgeblasen. Wir müssen doch einmal den Ist-Zustand bewerten: Wir haben vor zwei Jahren das Play-off-Viertelfinale erreicht, in der abgelaufenen Saison das Halbfinale – und jetzt wollen wir natürlich den nächsten Schritt machen, sprich ins Finale kommen und idealerweise die Meisterschaft gewinnen. Ich frage mich, wie man bei einem Klub überhaupt über Dominanz sprechen kann, der noch gar keinen Titel geholt hat.

Albas Sportdirektor Mithat Demirel hat bereits angekündigt, das Maskottchen des Vereins in Berlin anketten zu lassen, damit es nicht auch noch vom FC Bayern verpflichtet wird. Können Sie dieses Szenario ausschließen?
Ich kenne Mithat ja, er ist ein Scherzkeks. Und genau so werte ich seine Aussage auch: als Witz.

Das Gespräch führte Christoph Dach.

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