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Sport: Bayerns Sorgen sind Löws Sorgen

Hans-Dieter Flick ist ein Mitarbeiter, wie ihn sich jeder Chef nur wünschen kann: fleißig, immer loyal und jederzeit zuverlässig. Auch in diesen Tagen, in denen er bei der Fußball-Nationalmannschaft die Hauptlast der Arbeit zu tragen hat, kommt vom treuen Hansi kein böses Wort über seinen Vorgesetzten, obwohl Joachim Löw es sich am Samstag im Vip-Bereich des Berliner Olympiastadions hat gut gehen lassen und in trauter Gesellschaft mit der Bundeskanzlerin das Finale um den DFB-Pokal verfolgen durfte.

Hans-Dieter Flick ist ein Mitarbeiter, wie ihn sich jeder Chef nur wünschen kann: fleißig, immer loyal und jederzeit zuverlässig. Auch in diesen Tagen, in denen er bei der Fußball-Nationalmannschaft die Hauptlast der Arbeit zu tragen hat, kommt vom treuen Hansi kein böses Wort über seinen Vorgesetzten, obwohl Joachim Löw es sich am Samstag im Vip-Bereich des Berliner Olympiastadions hat gut gehen lassen und in trauter Gesellschaft mit der Bundeskanzlerin das Finale um den DFB-Pokal verfolgen durfte. Neid auf seinen Chef kennt Flick trotzdem nicht. „Es ist gut, dass er da war“, sagt der Co-Trainer der Nationalmannschaft. „Er wird uns mitteilen können, wo wir die Schrauben anziehen müssen.“

Für den Löw war das Pokalfinale zwischen Bayern und Dortmund in der Tat ein aufschlussreicher Termin, weil in Berlin anfangs zehn Spieler auf dem Feld standen, die auch zu Löws vorläufigen Aufgebot für die Europameisterschaft in Polen und der Ukraine gehören. Später kamen mit Thomas Müller und Sven Bender zwei weitere hinzu; allein der Dortmunder Mario Götze blieb 90 Minuten auf der Bank. Die Erkenntnisse des Abends waren für den Bundestrainer, bei aller dem Amt geschuldeten Neutralität, jedoch eher unerfreulich. Und das hat weniger damit zu tun, dass sich Mats Hummels und der frustrierte Bastian Schweinsteiger ein intensives Scharmützel lieferten, und Mario Gomez seinen künftigen Kollegen Marcel Schmelzer einmal recht unsanft von den Beinen holte. „Das gehört zum Fußball“, sagt Flick. „Sie haben ja um einen Pokal gespielt.“

Es ist eher der Zustand der Bayern, der Löw Sorgen bereiten sollte. Wenn überhaupt fielen die Münchner Nationalspieler nur negativ auf: Jerome Boateng verursachte den Elfmeter, der zum 2:1 für den BVB führte; Torhüter Manuel Neuer ließ den Ball aus den Händen gleiten und leitete damit das 2:5 ein, das noch die letzte vage Hoffnung auf eine Wende zunichte machte; Mario Gomez vergab eine gute Möglichkeit zum frühen 2:4 und zeigte erneut, dass er als Strafraumstürmer auf höchstem Niveau kaum eine Hilfe ist. Am dramatischsten aber stachen die Defizite bei Bastian Schweinsteiger ins Auge.

Dass die Schwäche der Bayern von der Stärke der Dortmunder gekontert wird, ist für Joachim Löw nur bedingt hilfreich. Von den fünf BVB-Spielern in seinem EM-Aufgebot kann nach derzeitigem Stand allein Mats Hummels auf einen Stammplatz hoffen. Die Münchner hingegen nehmen in den Planungen des Bundestrainers strategisch wichtige Positionen ein, vor allem Schweinsteiger. Als defensiver Mittelfeldspieler soll er in der Nationalmannschaft den Takt bestimmen; doch um dieser Aufgabe gerecht zu werden, benötigt Schweinsteiger eine körperliche Fitness, die er nach seinen langwierigen Verletzungen logischerweise nicht hat. Besonders deutlich war das beim Dortmunder Konter zum 4:1 zu sehen, der aus einem abgeblockten Distanzschuss Schweinsteigers entstand. Der Münchner versuchte noch, den BVB-Angreifern zu folgen, aber es wirkte, als tuckerte ein Traktor einem Sportwagen hinterher.

„Wir haben noch genügend Vorbereitungszeit“, sagt Hans-Dieter Flick über die Schwächen der Bayern. „Bisher haben wir das immer hinbekommen.“ Joachim Löw ist ohnehin nicht der erste Bundestrainer, der sich kurz vor einem großen Turnier mit einem solchen Problem beschäftigen muss.

Wie so viele Geschichten fängt auch diese bei Sepp Herberger an, der am 23. Mai 1954 im Hamburger Volksparkstadion saß, um den 1. FC Kaiserslautern und Hannover 96 im Finale um die deutsche Meisterschaft zu begutachten. Kurz vor Schluss begannen die Zuschauer Herbergers Namen zu rufen. Es war reine Häme. Der Außenseiter aus Hannover führte 5:1, aber in Herbergers 40-Mann-Kader für die Weltmeisterschaft in der Schweiz stand kein einziger Spieler des neuen Deutschen Meisters. Von den gedemütigten Lauterern hingegen hatte der Bundestrainer gleich fünf nominiert. Werner Kohlmeyer etwa, der mit einem Eigentor das 2:1 für Hannover erzielt hatte. Oder Horst Eckel, der sich im Finale eine Oberschenkelverletzung zuzog. Mitten in die Schmährufe des Publikums hinein erhob sich Herberger von seinem Platz, um allen zu zeigen: Ich stehe zu meinen Entscheidungen. Anderthalb Monate später gewann Deutschland das WM-Finale. Mit fünf Spielern des 1. FC Kaiserslautern.

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