zum Hauptinhalt

Sport: Bayers Gewissen

Wie Klaus Augenthaler die Leverkusener zum Sieg führte

Die Angst vor dem Absturz ist immer noch präsent. Leverkusen hat den TSV 1860 München mit 3:0 geschlagen, doch die meisten Spieler von Bayer misstrauen der verbesserten Ausgangssituation, in der nun ein Sieg in Nürnberg definitiv reicht zum Klassenerhalt. „Na klar bin ich jetzt erleichtert“, sagte Carsten Ramelow und erinnerte im gleichen Atemzug daran, „dass wir nach guten Spielen immer wieder einen Rückschlag erlitten haben“. Auch Torwart Jörg Butt wollte „keine Luftsprünge machen, das wäre absolut verkehrt“.

Diese Demut lag auch an der Qualität des Gegners. Allen drei Toren waren unfassbare Fehler des Gastes vorausgegangen. „Wir waren der richtige Gegner für Leverkusen“, sagte 1860-Trainer Falko Götz. Sein Gegenüber, Klaus Augenthaler, wollte das nicht so stehen lassen. „Dass die so viele Fehler gemacht haben, lag auch an unserem aggressiven Verhalten“, sagte Leverkusens neuer Trainer. Unbeantwortet ließ er jedoch die Frage, ob nun eigene Stärke oder gegnerische Schwäche verantwortlich war für ein solches Ergebnis.

Eindeutig waren allein die Antworten der Spieler nach dem „Auge-Effekt“, der eigentlich nahe lag nach der Verpflichtung Augenthalers. „Ein Trainer kann nicht in vier Tagen das taktische System entscheidend verändern“, sagte etwa Torwart Butt. Und auch das lange Zögern Ramelows in dieser Angelegenheit verriet, wie wenig der Kapitän hält von der Idee, allein den Trainer verantwortlich zu machen für den souveränen Sieg. Immerhin ließ er sich entlocken, dass die Mannschaft, „sehr, sehr gut eingestellt“ worden sei, zudem sei Augenthalers Ansprache „absolut verständlich“, das komme an beim Team. „Wenn er etwas sagt, dann macht das Sinn“, meinte auch Routinier Ulf Kirsten, der sieben Minuten vor Schluss eingewechselt worden war und beinahe noch ein Tor erzielt hätte.

Augenthaler selbst legte eine Unaufgeregtheit an den Tag, die wahrlich wenig gemein hat mit jener Hysterie, die diesen Klub so oft befallen hat in dieser Spielzeit. Einer Spielzeit, die an neuen Trainern und Sportdirektoren nicht eben arm gewesen ist. „Der erste Teil des Ziels ist erledigt“, sagte Augenthaler. Da sprach nun wirklich kein Euphoriker, eher ein nüchterner Betriebswissenschaftler. Auch die Fragen zum ach so pikanten Spiel, das ihn ja nun bei seiner Rückkehr ins Nürnberger Frankenstadion erwarte, empfand Augenthaler als lästig. „Die eigentliche Gefahr ist nur, dass ich in die falsche Kabine gehe“, sagte Nürnbergs ehemaliger Trainer und versuchte schnell, das Gespräch auf andere Themen zu lenken. Viel wichtiger schien ihm die Feststellung, dass sein Team „keine Söldnertruppe“ sei und die Akteure keine „wohlhabenden Absteiger“, zu der die Medien sie bereits abgestempelt hatten. „Jeder Spieler hat eine gewisse Ehre“, und an die habe er einfach appelliert. Als Wunderheiler von Leverkusen begreift sich Klaus Augenthaler jedenfalls nicht.

Der Weltmeister von 1990 weiß von der Vergänglichkeit eines erfolgreichen Tages. „Den Sieg werden wir nicht feiern, sondern verdauen“, sagte Augenthaler. Und: „Das Ding ist noch lange nicht vorbei.“ Das ist es erst in Nürnberg. So oder so.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false