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Beachvolleyball-Grand-Slam in Berlin: Stadt auf Sand

Beachvolleyball und Berlin – das passt schon lange. Am kommenden Samstag soll nun in der Waldbühne ein neuer Zuschauerrekord aufgestellt werden.

Was war das für ein unglaubliches Spektakel auf dem Platz vor dem maroden und inzwischen abgerissenen Palast der Republik: Während das asbestverseuchte Vorzeigeobjekt aus DDR-Zeiten seine besten Tage längst hinter sich hatte, tobte auf dem sandigen Center Court der Bär. Vor den Eingangstoren bildeten sich lange Warteschlangen, und wer erst einmal einen der begehrten Plätze auf den Tribünen ergattert hatte, der feierte mit den anderen.

Sieben Jahre ist es nun her, dass die Beachvolleyballer in Berlin ihre Weltmeisterschaft zelebrierten, und damals gingen die Bewohner der Hauptstadt derart mit, als befände sich Berlin tatsächlich in Strandnähe. Für den damaligen Präsidenten des Volleyball-Weltverbandes FIVB, Ruben Acosta, gehörte dieser Spruch zwar zum Standardrepertoire, doch nie zuvor war er so wahr wie seinerzeit: Der kleine Mann aus Mexiko sprach von den „besten Weltmeisterschaften in der Geschichte von Beachvolleyball”.

Nun sind die besten Ballartisten wieder in der Stadt, und es hat sich nicht viel geändert. Obwohl Berlin zwei Stunden von der Ostsee – und damit von Sand und Meer – entfernt ist, bleibt die Stadt für Beachvolleyball ein ganz besonderes Pflaster. Dieses Mal erleben die Menschen zwar keine Weltmeisterschaft, die mit einer Million Dollar Preisgeld dotiert ist, sondern lediglich einen Grand Slam, bei dem 600 000 Dollar ausgespielt werden. Und doch soll auch dieses Turnier an die Erlebnisse von 2005 anknüpfen. Die Veranstalter haben sich zum Ziel gesetzt, am Samstagabend beim Finale der Männer einen neuen Zuschauer-Weltrekord aufzustellen: Bis zu 22 000 Besucher sollen beim Flutlichtspiel die neben dem Olympiastadion gelegene Waldbühne füllen, womit die bisherige Bestmarke Geschichte wäre. 2008 wurden während der Olympischen Spiele in Peking 18 000 Besucher auf dem Center Court gezählt, nun soll die alte Bestmarke fallen.

Berlin ist im Beachvolleyball immer wieder eine Nachricht wert. Die Stadt pflegt eine besondere Nähe zu dieser Sportart. Raimund Wenning, Beachvolleyball-Koordinator beim Deutschen Volleyball-Verband (DVV), spricht von „unserem Aushängeschild. Berlin ist die Beachvolleyball-Hochburg in Deutschland.” Zu belegen ist diese Aussage durch Fakten: Seit Jahren finden hier regelmäßig Großereignisse statt, die massenhaft Zuschauer anziehen: WM, EM und zurzeit eben der Grand Slam. Und auch wenn es nicht um Geld und Punkte geht, fühlen sich die besten Sandathleten der Republik in Berlin heimisch: Drei von vier Olympiateams, die Deutschland in wenigen Wochen bei den Olympischen Spielen in London vertreten werden, starten für Berlin. Sara Goller und Laura Ludwig gehen für Hertha BSC ans Netz, die Weltmeister von 2009, Julius Brink und Jonas Reckermann, starten ebenso für den VC Olympia Berlin wie Jonathan Erdmann und Kay Matysik.

Zwischen Berlin und der ehemaligen Trendsportart gibt es seit Generationen eine besondere Affinität. Nach dem Mauerfall etablierte sich in der wiedervereinigten Stadt eine virulente Szene. „Anfang der 90er”, erinnert sich Nachwuchs-Bundestrainer Elmar Harbrecht, „kamen bei den ersten Deutschen Meisterschaften fast die Hälfte der Teilnehmer aus Berlin.” Er sagt auch, dass die Stadt rund 500 kommerziell genutzte Beachvolleyballfelder hat, die sich alle tragen. Der ehemalige Spitzenspieler zeichnet verantwortlich für einen von drei Bundesstützpunkten. Neben Berlin gibt es noch in Stuttgart und Hamburg spezielle Förderstrukturen. Harbrecht ist stolz auf die hoch moderne Beach-Halle, die vor vier Jahren für rund drei Millionen Euro hinter dem Sportforum Hohenschönhausen entstanden ist und neben drei Feldern auch noch einen Video-Konferenzraum, einen Kraftraum und verschiedene Funktionsräume bietet. Das Projekt ist so sehr mit dem Engagement des Trainers verbunden, dass mittlerweile der inoffizielle Name „Elmar-Harbrecht-Halle” kursiert. Die Spielstätte bietet beste Möglichkeiten, „hier kannst du morgens um sechs loslegen und bis Mitternacht durchziehen, wenn du gut mit dem Hallenwart kannst”, berichtet Harbrecht.

Die Athleten wissen die Möglichkeiten in dem neuen Schmuckstück mit hohen Decken, viel Holz und guter Ausleuchtung zu schätzen. Jonathan Erdmann und Kay Matysik sind sogar dann im heimischen Revier geblieben, als die Stadt im Winter bei arktischen Temperaturen von bis zu minus 20 Grad bibberte und in der größten Tiefkühltruhe der Republik niemand an Sonne, Strand und Meer denken mochte. „Die Bedingungen hier sind nun mal ideal”, sagt Abwehrspieler Matysik, „und außerdem sind wir bodenständige Typen, die es mögen, Freunde und Familie um uns zu haben.” In den kommenden Tagen wird es mehr als genug Möglichkeiten zur Kontaktpflege geben. Und das in entspannter Atmosphäre: „Die Olympia-Qualifikation ist gelaufen”, so Matysik, „wir können hier ohne den ganz großen Druck aufspielen und auch mal links und rechts schauen.” Und die Atmosphäre hat sich bereits bewährt. Das erste Gruppenspiel gewannen Erdmann/Matysik am Dienstag gegen ihre Landsleute Böckermann/Urbatzka locker mit 2:0. Am Mittwoch zogen Brink/Reckermann dann bei ihrem ersten Match in der Waldbühne gegen die Amerikaner Keenan/Mayer mit 2:1 nach.

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