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Umzug geht vor. Christian Ehrhoff spielt bei der Eishockey-WM nicht für Deutschland.

© dpa

Beginn der Eishockey-WM: Deutschland muss mit B-Auswahl bestehen

Nach den Erfolgen bei den letzten beiden WM-Turnieren wird es diesmal schwer für die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft. Bundestrainer Jakob Kölliker muss auf zahlreiche Topspieler verzichten.

So ein Umzug kann anstrengend sein. Dennis Seidenberg, Millionenverdiener als Eishockeyprofi in der National Hockey-League (NHL), steht vor der Last, dieser Tage umziehen zu müssen. Verständlich, dass anderes zurückstehen muss. So musste der Verteidiger der Boston Bruins Jakob Kölliker für die Weltmeisterschaft in Schweden absagen. Seidenberg teilte dem Bundestrainer mit: „Wir ziehen nächste Woche um. Das wäre alles ein bisschen viel.“ Im Stress ist auch Christian Ehrhoff, mit elf Millionen Dollar Saisongehalt in Buffalo bestbezahlter Verteidiger der NHL. Ehrhoff muss sich um sein neues Sommerdomizil in Krefeld kümmern. Außerdem ist er ein wenig verletzt und erschöpft. Das hat er mit seinen Kollegen von den Berliner Eisbären, Constantin Braun und Frank Hördler, gemeinsam. Die können auch nicht zur WM.

Der neben Seidenberg und Ehrhoff dritte deutsche Verteidiger aus der NHL Alexander Sulzer (Buffalo) muss aus „privaten Gründen“ passen. Nimmt man noch Sascha Goc aus Hannover dazu, der nicht mehr für das Nationalteam spielen will, dann hat man die besten sechs deutschen Verteidiger zusammen. Im Angriff fehlen Kölliker zudem ein halbes Dutzend prominente Spieler. Manche, weil sie wie Kapitän Michael Wolf (Iserlohn) verletzt sind. So kommt es, dass die Deutschen zum ersten Gruppenspiel bei der am Freitag in Schweden und Finnland beginnenden WM gegen Italien in Stockholm (Beginn 12.15 Uhr) mit ihrer B-Auswahl antreten.

Kölliker gibt sich trotzig. Der Schweizer könnte ja sagen, so einen Unwillen kenne er aus seiner Heimat nicht. Schließlich war Kölliker schon Ko-Trainer der Schweizer Auswahl. Aber er sagt: „Wer nicht dabei ist, spielt keine Rolle.“ Schließlich wäre ein jammernder Bundestrainer kaum Motivationshilfe für eine deutsche Mannschaft, die sich wieder einmal auf ihre Tugenden wie Teamgeist und Kampfstärke verlassen muss. In der Vorbereitung hat das gut geklappt. Köllikers Team verlor kein einziges Testspiel nach 60 Minuten, bei so starken Gegnern wie Russland, Tschechien und der Slowakei. Nach den zuletzt guten WM-Auftritten der Deutschen (2010 wurde das Halbfinale erreicht, 2011 das Viertelfinale) dämpft Kölliker auch nicht eben die Erwartungen. Ziel sei der Weltmeistertitel, sagt der Bundestrainer.

André Rankel ist der einzige Eisbären-Spieler bei der WM

Ein abenteuerliches Ziel. Angesichts der Voraussetzung wäre eine erneute Teilnahme am Viertelfinale ein großer Erfolg. Im neuen Modus müssen die Deutschen dazu mindestens drei von ihren sieben Vorrundenspielen gegen Italien, Lettland, Dänemark, Norwegen, Schweden, Russland und Tschechien gewinnen. Nur die ersten vier erreichen das Viertelfinale, die Letzten aus den beiden Achtergruppen steigen ab. Ab dem Halbfinale wird nur noch in Helsinki gespielt. Gastgeber Finnland teilt sich die WM mit Schweden, im kommenden Jahr teilt sich dann Gastgeber Schweden die WM mit Finnland.

Das Schicksal von Kölliker lässt in der Deutschen Eishockey-Liga nicht alle kalt. „Das ist keine einfache Situation für ihn“, sagt Peter John Lee, Manager der Eisbären. Vom Meisterteam aus Berlin ist mit Angreifer André Rankel gerade mal ein Spieler in Stockholm dabei. Lee findet es schade, sagt er, aber auch verständlich. Großes Geld lasse sich bei der Nationalmannschaft nicht verdienen, die Aufwandsentschädigung sei eher gering und dann müssten die Klubs sogar ihre Spieler versichern. „Trotzdem wollen wir, dass unsere Jungs im Nationalteam spielen.“ Der Bundestrainer habe ja in Berlin bei den Verteidigern auch nur nach Hördler und Braun gefragt. „Den Jens Baxmann hätte er doch mitnehmen können.“

Die WM sei eben eine zusätzliche Belastung nach einer belastenden Saison, sagt Lee. „Kein Wunder, dass da eher Spieler hinfahren, die nicht Play-offs gespielt haben.“ Wie Rankel, der hat in Berlin die halben Play-offs wegen einer Sperre gefehlt. Dafür könne er sich nach der WM nicht ausruhen, sagt Lee. „Anfang Juni beginnt André mit dem Sommertraining.“

Eishockeyprofi scheint insbesondere für Deutsche ein harter Beruf zu sein. Profis anderer Nationen haben weniger Probleme mit einer WM-Teilnahme. Eine prominente deutsche Ausnahme gibt es allerdings doch: Marcel Goc. Der Stürmer vom NHL-Klub Florida Panthers ist am Mittwoch in Stockholm gelandet. Kein Umzug, keine Privatsachen, keine Sucht nach Freizeit? Goc sagt: „Wenn Deutschland mich will und ich nicht verletzt bin, bin ich immer bereit.“

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